» Die eigenverantwortliche dogmenfreie Gläubigkeit «

Laienspiritualität 50:
Aus der Grundsatzerklärung meiner Reformierten Stadtkirche Wien,
die im Sinne der verbrieften Gleichberechtigung aller Mitglieder auch für Einzelpersonen
und somit auch für mich und das Werk meiner Website gilt :

6.  Der ganzen Gemeinde ist das prophetische Amt aufgetragen. Sie ist verpflichtet, die aktuelle politische, soziale
und kulturelle Situation zu analysieren und aus dieser Analyse ihr konkretes Sprechen und Handeln zu entwickeln.
Sie ist bereit, die Zukunft mitzugestalten, und ist sich bewusst, damit Konflikte zu riskieren.
(Anmerkung: Dass Religion zu allen drei Kategorien gehört, ist ja wohl unbestreitbar. Somit auch die Verpflichtung zur Analyse der Religion und ggf. zum Konflikt.)

19. Gott hat alle Menschen nach seinem Ebenbild geschaffen und zu einem sinnvollen und menschenwürdigen Leben vorherbestimmt. Daher sucht unsere Kirche das Gespräch [...].

Die Grundmaxime der freien Menschen hat Rudolf Steiner in seiner Philosophie der Freiheit so formuliert:
"Leben in der Liebe zum Handeln und Lebenlassen im Verständnis des fremden Wollens ist die Grundmaxime der freien Menschen."




Beginnt das Licht  der Neuen Reformation endlich stärker zu leuchten?
So scheint es mir; bin ich zu optimistisch?

© Rudolf Fiala, 3.-15.11.2010     rev. 19.06.2022
Weiterführende Nachträge: Nr.1 am 21.11.2010;  Nr.2 am 13.2.2011


Verschiedene Erscheinungen der letzten Monate:


Ist das nur die entfernte Morgenröte einer Neuen Gläubigkeit über dem erstarrten Eis des kalten Fundamentalismus?
Nur Versprechen, nur Hoffnung, nur ein solitäres Bekenntnis zur Glaubensfreiheit einer(s) Einzelnen für Einzelne?
Wie schon einigemale in den letzten 70 oder mehr Jahren?
In protestantischen Religionen, die nicht einmal ein Lehramt für das Glaubensdogma religiöser Inhalte errichten. Selbiges bewusst nicht errichten, um nicht gegen das Prinzip der Protestantischen Freiheit zu verstoßen, quasi eine permanente Dogmenkritik?

Nur eben wieder irgend etwas kaum Erfüllbares? Ich glaube "nein", denn sonst würde ich diese Abhandlung gar nicht schreiben!


Eine Morgenröte am Rande der Wahrnehmbarkeit wäre doch überhaupt nicht erwähnenswert.
Für durchaus erwähnenswert halte ich aber das bereits helle Licht der Freiheit, das nach meiner unmaßgeblichen Meinung zielstrebig in den Pfad des "Ecclesia semper reformanda" einzuschwenken scheint und endlich eine wirklich scharfe Schere an alten Zöpfen aus der römischen Gedankenwelt ansetzen könnte.
Zöpfe, die allerdings innerhalb der röm. kath. Kirche auch schon ganz schön zu schrumpfen beginnen, das sei zur Ehrenrettung der österr. modernen kath. Theologen vermerkt.
Und in der evang. reformierten Kirche H.B. schon lange abgeschnitten sind.


Voll aufmerksam konnte man 2010 mit einiger Begeisterung einen verstärkten Weg zur protestantischen Freiheit von Dogmatismus, also von Fundamentalismus und unkritischem Biblizismus 
entdecken!

Auch im lutherischen Bereich war Manches zu "semper reformanda" und zur "unverlorenen und unverlierbaren Freiheit" des Menschen zu hören.

Zitat aus der TV-Gottesdienst-Ankündigung 20.2.2011.
"Mit der Freiheit der Menschen möge es gehen wie mit einem Schneeball-System" - das wünscht sich
Pfarrerin Gabriele Lang-Cedik: einer befreit andere, damit diese sich dadurch wieder als Menschen mit Würde und Freiheit erleben. Daraus wiederum können sie Kraft schöpfen, sich selbst zu engagieren für andere Menschen. 

Neu 10.3.: Sollte das erreichbar sein, kann auch atheistischen Argumenten etwas Wind aus den wohlgefüllten Segeln genommen werden, wie beispielsweise Michael Nugent, der folgenden Satz als Leitzeile in einer Veröffentlichung für den Atheismus verwendet:
"The idea of gods is bad for society, because it spreads irrational dogma that causes good people to do bad things. This affects three practical areas of our lives: the quest for knowledge, treating people fairly, and civic society."
(Frei übersetzt: "Die Idee von Göttern ist für die Gesellschaft schlecht, weil sie irrationale Dogmen ausstreut, die verursachen, dass gute Leute schlechte Dinge tun. Das beeinflusst drei tatsächliche Bereiche unseres Lebens: Die Suche nach Erkenntnissen, eine fairer Menschenbehandlung und die menschlichen Gesellschaftssysteme.") 

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Mutmachende Nachweise:

Pfarrerin Mag. Gabriele Lang-Czedik, Wien. Zitat aus "Evangelisches Wien 3/2010": "In Freiheit und Verantwortung"
Hier ergänzend als Darstellung der protestantischen Basis (mit Dank für die Verwendungserlaubnis!):

"Werte des protestantischen Glaubens [....] :
[....] Persönliche Freiheit, Gott-Vertrauen, Freude am Leben, Menschenwürde für alle, Nächstenliebe, Gleichberechtigung, Solidarität mit Benachteiligten, Hoffnung und Reformbereitschaft ..." (Vollständig zitiert)

Der Fund dieser Textstelle erfreut mich besonders, da die genannten Werte vollinhaltlich auch sehr wesentliche Teile dieser meiner Spirituellen Website darstellen. Eigentlich würde diese Aufzählung auch gut auf meine Hauptseite passen ...



Nachtrag 1 am 21.11.2010 im Zusammenhang mit den oben aufgezählten Tugenden:

Die "Morgenröte" einer neuen Reformation war in einer von mir heute besuchten Wiener Johanneskirche Augsburger Bekenntnisses schon ein sehr massiver Sonnenaufgang!  
Als A.B. Getaufter freut mich das sehr!

1) Eine stimmige Argumentation, die aus dem angstmachenden "Richten" des Glaubensbekenntnisses nach
Offb 20,12 - das im Widerspruch zur evangelischen Rechtfertigungslehre und der immer wieder überall erwähnten Gottesliebe steht - zum aufmunterndem "ER wird kommen, um aufzurichten ..."macht. Das so notwendige und vielleicht auch beglückende "Ecclesia semper reformanda" bereits in Aktion!

2) Abendmahlseinladung an alle Anwesenden, nicht nur an die Getauften. Ähnlich der Praxis der Reformierten Kirche.

3) Die Form der Abendmahlgestaltung, beispielsweise die Brot- und Kelchweitergabe durch die Abendmahlsteilnehmer selbst, lässt mich vermuten, dass das noch immer verbreitete lutherische "in persona Christi" bei der Spende für den/die PfarrerIn dort keinen Nährboden findet. In ähnlichem Zusammenhang ist im ORF der Begriff "Moderator" für das geistliche Amt gefallen.

Damit scheint mir auch der Gedanke des
"Evangelischen Allgemeinen Priestertums" erfolgreich in Kraft zu sein! Wie auch besonders in der Reformierten Stadtkirche H.B. mit Pfarrer J. Langhoff, in der auch die direkte Kelchweitergabe ohne Mittätigkeit des Pfarrers zeitweilig - auf Wunsch ohnedies immer - gepflegt wird.

4) Bezüglich der Ablehnung diverser fundamentalistischer Lutheraussprüche sind vermutlich die Worte der Lutherischen Superintendentin Luise Müller zutreffend, sinngemäß: Ihr wäre es lieber, wenn Luther weniger gesprochen hätte.
Weiters: "Kein Grund für Heldenverehrung", zitiert anlässlich eines Reformationstages.

Wie wahr: "Hoffnung und Reformbereitschaft" wie oben erwähnt! Vertrauen und Begeisterung erweckend!

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Nachtrag 2 am 13.2.2011 nach dem Gottesdienst "Fest der Liebe" in der Wiener A.B. Johanneskirche:

Ein ausdrücklich von Pfarrerin G. Lang-Czedik als "neu" angekündigtes Glaubensbekenntnis mit folgendem Text:

"Ich glaube, dass Gott Beziehung ist und Beziehung schafft.

Ich glaube, dass Gott uns aus der Isolation ruft und selbst das Band ist zwischen Frau und Mann,
Mutter und Tochter, Vater und Sohn, zwischen Mensch und Mensch.

Ich glaube, dass Gott die Mitte ist, wenn zwei zusammen kommen und beieinander sind,
wenn Menschen sich in die Arme fallen und ihr Leben miteinander teilen.

Ich glaube, dass Gott Brücke ist und Brücke werden kann zwischen Menschen, zwischen Völkern, zwischen Himmel und Erde.

Ich glaube, dass Gott Liebe ist und Liebe wirkt. Amen"

Dieses Glaubensbekenntnis stammt von
http://de.wikipedia.org/wiki/Marriage_Encounter


Eine reale, konsequente Anwendung der Worte von Univ. Vorstand Prof. Ulrich Körtners; ca. 2009:

"So bemüht sich heutige Theologie darum, Gott stärker als Beziehungswesen und nicht als Substanzwesen zu denken.
Es besteht ein Konsens heutiger Theologie in einer relationalen Ontologie (beziehungsorientierten Seinslehre).
Noch weiter geht die von A.N. Whitehead und Ch. Hartshorne begründete Prozeßtheologie,
welche den Gottesbegriff von personalistischen Konnotationen ablöst."
Aus http://sciencev1.orf.at/science/koertner/4563
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Ein sehr interessanter, ja mich eigentlich emotional berührender fundamentalismusfreier Fund aus der Kath. Glaubenswelt:
Kardinal Schönborn in der Sonntagskrone 7.11.2010:
„Wir können uns Gott nicht vorstellen. Aber wir können an Ihn glauben und ahnen, dass Er da ist.”
Die Verwendung seines Zitates wurde mir von Herrn Kardinal Schönborn genehmigt.

"Ahnen"
meint Kardinal Schönborn, also nicht "wissen" entgegen der sonst üblichen dogmatischen Verkündigungen!
Glauben "wollen", ist dienlich; ohne "wollen" keine Fähigkeit zur Gläubigkeit.

Eine Anmerkung zu bedauerlichen kontraproduktiven Anachronismen, begründet in mangelnder Lernbereitschaft:
In einer religiösen Morgensendung war in der Weihnachtswoche 2010 von einem emeritierten kath. Geistlichen sinngemäß zu hören: ".. und ER begleitete SEIN Volk durch das Rote Meer ...". Das "Rote Meer" ist schon lange als Übersetzungsfehler von "jam suph" anerkannt, der richtige Begriff ist "Schilfmeer", also die Sümpfe im Nildelta. Zum Steckenbleiben der hineinpreschenden ägyptischen Kampfwagen reichte es auch ohne
behauptete überirdische Hilfe...
Die gar nicht erfolgen konnte, weil doch "Gott seine Macht durch seine Ohnmacht demonstriert", wie wir am nächsten Tag im Radio hören durften.

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Pfarrer in Pension Kurt Audétat: Buch 2008 "Befreiung aus 2000 Jahren christlicher Angst"
Vorwort des Autors: „Durch die Gottesgabe der Mündigkeit, der Autonomie und der Inspiration wird es gelingen, daß zusammen mit der vielen verstreuten Menschlichkeiten der heutigen Zeit eine Menschheit erwächst, welche einmütig und zugleich vielfältig überlebt und neu gedeiht.”

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Und schon 1988 von...
Ulrich Schaffer, Zitat 1988.  Aus Literaturhinweise und Quellen der Zitate zum Gesprächsforum der lutherischen Stadtkirche „Evangelisch für Einsteiger“ am 3.6.2008 mit dem Thema »PROTESTANTISMUS ALS „RELIGION DER FREIHEIT“« Original hier samt weiterer Zitate.

„Du hast das Recht, Deinen eigenen Glauben zu finden.
Das ist nicht nur Dein Recht, sondern auch Deine Verantwortung.”

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Nicht zu vergessen die evang. Theologin Prof. Dorothee Sölle:
"Jeder Mensch ist ein Mystiker", "Mystik erweckt zu Neuem" und "Mystik lädt zu einer genaueren Weltvorstellung ein"
Sie sagte aber auch: "Gott hat nur unsere Hände!"
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"Unsere Zeit ruft nach mystischer Existenz!" war im Herbst 2010 auch im Radio zu hören:

Nun, das einzuhalten würde Millionen von Buchtiteln ersparen.
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Im "Das Herz der höchsten Weisheit Sutra" ist Ähnliches zu lesen:
"Weit jenseits von verwirrtem Denken,
befreit von allen Träumen und Vorstellungen,
verwirklichen sie vollständige Erleuchtung."
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Auch im universitären und bischöflichen Leitungsbereichen dürfte sich der Gedanke der "Eigenverantwortlichen Gläubigkeit" immer mehr manifestieren, da mir aber hier weitergehende Informationen fehlen, kann ich nur hoffen, einige der schriftlich vorliegenden Sätze (Ordinarius Univ. Prof. Körtner, Bischof Dr. Bünker) nicht falsch zu interpretieren.
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Abschließend noch 
Angelus Silesius, Arzt und Priester (1627-1677)
Aus dem "Cherubinischen Wandersmann":

    Halt an, wo laufst Du hin, der Himmel ist in dir;
    Suchst du Gott anderswo, du fehlst ihn für und für.

    Gott wohnt in einem Licht, zu dem die Bahn gebricht:
    Wer es nicht selber wird, der sieht Ihn ewig nicht.

    Gott ist noch mehr in mir, als wann das ganze Meer
    In einem kleinen Schwamm ganz und beisammen wär.
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Möge meine Begeisterung
- meine Taufkirche ist die Gustav Adolf Kirche A.B. Wien 6. - an der sich abzeichnenden A.B.-Paradigmenverfeinerung auch auf Sie übergreifen!
Einer Verfeinerung, die auch die emotionalen Spannungen zwischen A.B. und H.B. reduzieren könnte - die noch immer Aburteilung des Protestantismus als "keine Kirche" durch die Päpste lässt eine gleichberechtigte Ökumene mit den Römern ohnedies scheitern und umso mehr sollten wir Protestanten
- frei von Evangelikalismen - uns weiter annähern -; das wünsche ich mir. Unbehindert von veralteten aufgerichteten, nicht glaubens- und menschlichkeitsdienlichen Revieren und "Dunstkreisen"! Möge die Irenik (die Besinnung auf das gemeinsame Fundament) an Gewicht gewinnen.

Mit einem werde ich mich als Reformierter Helvetischen Bekenntnisses allerdings nie abfinden können: mit dem vollen Umfang der teilweise sehr obsoleten lutherischen Rechtfertigungslehre und den sich daraus ergebenden automatischen "Rechtfertigungen" von letztendlich dummen und/oder unethischen Handlungen, die bis zum seelischen und/oder körperlichen Missbrauch Dritter, aber auch zur Eigenschädigung und Imageverlust des "überzeugten Gerechtfertigten" gehen können.
Zu Luthers "Sündige tapfer, aber glaube tapferer!" (nicht bereue!) samt "reitendem Satan oder Gott", vulgo Narrenfreiheit, kann ich mir wohl jede weitere "neuzeitliche" Bemerkung ersparen.


Eine besondere Feinheit der Rechtfertigungslehre im Zusammenhang mit der lutherischen Unnotwendigkeit "Guter Werke" (Werkgerechtigkeit, sola gratia und sola fide) ist ein kolportierter Zirkelschluss, der für den daran Glaubenden leicht zum Hamsterrad mutieren kann:
... => ... => Mensch ist nur(!) durch Gnade gerechtfertigt =>  nur dadurch ist er zu "Guten Werken" befähigt => also macht
er nur deswegen "Gute Werke" => das bewirkt immer wieder Gottes Wohlgefallen und Gnade => Mensch ist (wieder) durch Gnade gerechtfertigt => "Gute Werke"... => usw. ad infinitum.

Dieser Zirkelschluss wäre ja kein Problem, eine nette Spielerei halt.
Aber er wird auch vice versa postuliert: Ein Mensch, auch wenn er sich noch so sehr bemüht, ist ohne der auf ihn gefallenen Gnade zu "Guten Werken" gar nicht fähig und sein Bemühen sinnlos! Quasi eine lebenslange - oder bis zum doch noch Erhalten einer Gnade - Vorverurteilung zum Versager oder Kriminellen! "Pfeif dich nix, eh alles wurscht"
Und das soll alles eine gottgewollte Wahrheit sein? Da waren sich nicht einmal Martin Luther und Philipp Melanchthon einig, siehe Synergistischer Streit.

Eine, wie vor Kurzem miterlebt, behauptete Annäherung zwischen lutherischem (funktionell eigentlich gnesiolutherischem) und reformiertem Standpunkt zur Rechtfertigungslehre und Prädestination ist nur Wunschdenken fern jeder klerikalen Realität.

"Wenn der Wind des Wandels weht,
bauen die einen Mauern,
die anderen Windmühlen."

Chinesisches Sprichwort

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Im Zusammenhang mit der behauptet erlebten Gnade anderer Menschen macht es mich immer sehr betroffen - Kritik steht mir ja im Sinne der Rechtfertigungslehre nicht zu -, wenn ich die Diskrepanz zwischen den "goldenen Worten" in der Öffentlichkeit (Kirche, Fernsehen und Radio, Veröffentlichungen) und dem tatsächlichen Verhalten der(s) "WortspenderIn" miterleben kann.
Verkünden: ja, selbst einhalten: nein; enttäuschend und Zweifel an der Seriosität des behaupteten "Begnadet- und Gläubig-Seins" erweckend.
Zum Beispiel: Rigidität trotz Rechtfertigungslehre, statt Jesuanischer Vergebung >siehe hier<.

Logische Konsequenz: Nur mehr die "Rosinen" registrieren und die Diskrepanzen als der Sache nicht dienlich sofort vergessen.
Nachtrag Mitte 2011: Plötzlich, ganz plötzlich können sich "Rosinenspender" auch überzeugt zu jener Person entwickeln, die sie an Hand der "Rosinen" schon immer als Ideal definiert haben. Die Diskrepanzen verschwinden, anerkennender, aber auch reflektiver Jubel und Lebensqualitätsgewinn garantiert.

Rudolf Fiala


PS: Zur Erheiterung nach diesem resignativen Schluss ein protestantischer und somit "todernster" Scherz:

Ein Mann kommt ins Jenseits - hat wohl sein neues 300PS Spielzeug zu intensiv getestet.
"Komisch", denkt er sich "keine Schmerzen mehr, muss wohl der Himmel sein!"
Nach ein paar Tagen Herumwanderns spricht ihn ein Höllenmanager an, wie er sich den fühle hier?
"Gut, die Verpflegung ist ok, Unterbringung und Klima auch, viele nette Leute; aber Engel habe ich noch keine gesehen."
"Ja, lieber Neuankömmling, Sie sind ja auch in der Hölle!"
"Nein!!" 
"Doch!"

Nachdenkliches Schweigen, wo es ihm da ja so gut zu gehen scheint. "Seltsam ..."

"Beim Herumwandern ist mir ein unabsehbar großes, schwarzes Stadion, aus dem Wehgeschrei tönt, aufgefallen. Sehr heiß scheint es dort zu sein und ein großer Menschenstrom purzelt dort über eine Rutsche in den Rauch hinein. Ein paar Schemenhafte scheinen nach oben zu verschwinden - was ist den DAS?"
"Nun, das ist unsere Abteilung für die römischen Katholiken und ein paar evangelikale Fundamentalisten, die wollen das tatsächlich so haben ..."
"Hm..." Nachdenkliche Pause. Eine einzelne Träne wegen der Höllenenttäuschung wird weggewischt.
"Wieso ist das hier eigentlich die Hölle, wo es mir doch so gut geht?"
"Tja, lieber Neuankömmling, im Unterschied zum Himmel behalten Sie bei uns Ihre Sinne und ihr Gedächtnis. Bis in alle Ewigkeit ..."


Vorerst Ende des Witzes. Jetzt könnte ich noch weiterscherzen, beispielsweise dass einerseits ab der Rechtfertigungslehre die Heizkosten in der Hölle drastisch reduziert werden konnten, andererseits eine große Gruppe der Hilfsteufel nur mehr ihr Gnadenbrot wie ausgemusterte Lipizzaner erhalten, furchtbar frieren und beim Arbeitsamt als arbeitslos für Umschulungsmaßnahmen gemeldet wurden. Schlecht vermittelbar...
Aber das als Schluss-Satire hätte wohl zu große Ähnlichkeit mit der Realhölle im 21. Jahrhundert ...


Fazit dieser Kurzgeschichte samt Begründung, wozu sie überhaupt dasteht:
Sie zeigt etwas Denkbares auf dem Boden der menschengeschaffenen Theologie, ist also nicht im Widerspruch mit dem kirchlichen Glauben samt Hölle, Teufeln, Abstieg ins
Fegefeuer, Erlösung und sonstigen Traditionen und lokaler Folkloristik.

Sie zeigt aber auch, dass "Gläubigkeit", besonders die von mir postulierte "Eigenverantwortliche Gläubigkeit", wohl etwas ganz Anderes ist und derartiger ekklesiologischer Motivations- und Machtinstrumenten wie der Hölle etc. gar nicht bedarf!

Wie sagte unwidersprochen der evangelische Theologe Rudolf Bultmann? Gott ist ganz anders!”
Das gilt freilich auch für mein Gottesbild. Soll/muss mich das irgendwie verunsichern?
Dank meines gottgeschenkten Intellekts und meiner gottgeschenkten Emotionsfähigkeit sage ich: "Nein, ich habe keine Angst!"

Apropos "Gott ist ganz anders!": Jesaja (55) tausende Jahre früher:
8 Denn meine Gedanken sind nicht eure Gedanken, und eure Wege sind nicht meine Wege, spricht der HERR; 9 sondern soviel der Himmel höher ist denn die Erde, so sind auch meine Wege höher denn eure Wege und meine Gedanken denn eure Gedanken.
"Nein, auch davor habe ich keine Angst!", denn es steht nicht im Widerspruch zu Gnade, Güte, Menschenfreundlichkeit, Liebe und sonstigen ethischen Grundwerten.