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Laienspiritualität 6:
 Egal was, wie und wem Sie für Ihre Spiritualität glauben - oder auch nicht -, Sie könnten es in eigener Verantwortung und Überzeugung tun.
Beim teilweisen oder ganzen "In-die-Hand-nehmen" Ihres Glaubens mögen Ihnen meine Abhandlungen und Linkangaben helfen.


Inspirierte und inspirierende Lichtgestalten: gibt es die wirklich?

Sind diese Erleuchteten (Calvins "Belebte") unter uns und keiner weiß es?

© Rudolf Fiala, 3.8.2008, Ergänzungen 8.8., revidiert 21.06.2022   
 

Vorwort/Begriffsdefinition: Warum ich im Haupttitel den Begriff "Inspirierte Lichtgestalten" statt gleich "Erleuchtete" schreibe, hat mit der Vermarktung und der oft kontraversiellen Interpretation des Erleuchtungsbegriffes zu tun. Besonders durch "Beglückungsorganisationen mit Patentrezept", beispielsweise hier.

Sind die wirklich unter uns und nur wenige wissen es?

W
enn man von offensichtlich begnadeten Verstorbenen ausgeht, die ja auch in ihrer menschenerfüllten Gegenwart gelebt haben, sollte es wohl auch in unserer Gegenwart erleuchtete Menschen geben.

Als typisches Beispiel möchte ich hier den ehemaligen Wiener Kardinal Dr. Franz König anführen, der in seinen späten Äusserungen eine große Hellsichtigkeit - um hier nicht den strengen Begriff "Erleuchtung" zu verwenden - erkennen ließ, die weit über die Dogmatik der Amtskirche hinausging.

Auch unseren Zeitgenossen Prof. Dr. Dr. Paul Michael Zulehner - Lehrstuhlinhaber für Pastoraltheologie an der Universität Wien - halte ich für eine Lichtgestalt der berufenen Spiritualität und meine, dass viele Zuhörer seiner Ausführungen im Fernsehen und Radio mir zustimmen werden.

Es gibt sicher noch viele gleichwertige Beispiele, man möge mir die Reduktion auf diese zwei sehr bekannten Personen entschuldigen. Dass ich hier zwei hochrangige Katholiken, beide aber quasi keine typische "Päpstlichen", als Beispiele erwähnte, hat nur den Grund ihrer Bekanntheit und soll das Nachvollziehen für den Leser leicht machen. Der "Rang" ist für die Spiritualität völlig irrelevant, ein "kleiner" sich aus dem "Rang"-Wettbewerb zurückgenommener Aussteiger und/oder Pensionist, ja sogar ein Kind, kann auch Träger einer erleuchteten Spiritualität sein. Nichts spricht dagegen.
Calvins "Vivifikation" ("spirituelle Belebung") und sehr ähnliche Denkmodelle anderer Glaubenstheoretiker betonen ausdrücklich die Vorbedingungslosigkeit des Erleuchtungsgeschehens! Den eigentlich obsoleten Begriff "Heiligung" vermeide ich wegen seiner inhaltlichen Verwechslungsgefahr mit "Heiligsprechung".

Ich hoffe, mal abgesehen vom Thema der Abhandlung, dass Sie auch Begegnungen mit überspringenden Funken, mit Einklang oder schlicht nur tiefer, im Prinzip unerklärlicher Freude erlebt haben.

Warum kennen wir nicht mehr dieser wirklich Erleuchteten, "Befreiten", dieser im Sinne Calvins der "Vivifikation" Teilhabenden?
Vielleicht fehlt uns im Alltag die aufgeschlossen Wachheit und Erkenntnisbereitschaft, um diese Menschen bei seltenen Gelegenheit rasch zu erkennen.


Warum offenbaren sie sich nicht?

Ich vermute, da gibt es einige Begründungsgruppen, die innerhalb kürzester Zeit nach einer Erleuchtung wirksam werden, egal ob einem höheren Einfluss zu verdanken und/oder aus eigener Spiritualität. 

Ihre Maxime könnte sein: "Mensch, werde wesentlich", "Sei Du selbst" und "Erschwere nicht das sich Treubleiben"!
Vielleicht auch eine spirituelle Abneigung gegen eine verbale Selbstüberhöhung? Freunde nicht kränken zu wollen?

Diese Begnadeten sind zwar durchaus lebhafte Menschen, in der Wortwahl aber bedächtig, nicht streitsüchtig und versuchen in Diskussionen, die Sache an sich zu vertreten, ohne zu probieren, durch manipulativen Streit Entscheidungen zu erzwingen. Ein Schulterzucken bedeutet vielleicht nicht "Ich weiß das nicht", sondern "Es zahlt sich nicht aus darüber zu streiten".Besonders wenn eine Verifizierung oder Falsifizierung gar nicht möglich ist und der Kontrahent mit der (auch hierarisch oder dogmatisch) "lauteren" Stimme versuchen könnte, seinen (unbeweisbaren!) Wahrheitsanspruch durchzudrücken.
Sie fallen somit nicht durch ein aggressives Diskussionsverhalten auf. Eher schon durch Geduld.

Dass allerdings das wohlfundierte und abgesicherte Feuer gegen kirchliche Missstände einem vielleicht Erleuchteten gut ansteht, beweist durch sein Engagement allerdings treffend Prof. Hans Küng.
Hans Küng, ca. 80(2008), ist emeritierter Professor für ökumenische Theologie an der Universität Tübingen und Präsident der Stiftung Weltethos.

Das haben sie: Glaubenssicherheit und Sicherheit in ethischen und moralischen Wertvorstellungen:

Ich stelle mir vor, dass ein Erleuchteter so an Sicherheit gewinnt, dass er zur emotionalen Herausforderung für alle jene werden könnte, die ferne jeder spirituellen Sicherheit sind. Er könnte sogar zum Feindbild werden.
Um das und allfällige Folgen zu vermeiden, bietet sich logischerweise die Geheimhaltung dieser erleuchtungsbedingte Sicherheit an.
Auf Wienerisch: "Nur net auffoin!" Und wir erkennen seine Erleuchtung kaum.

Aus diesen 2 Punkten ergibt sich aber etwas sehr Interessantes, sofern es Menschen betrifft von deren spirituellem Interesse man weiß:
Wenn sie ein sicheres, ruhiges, streitfreies, trotz hohem Wissensstand kompromissbereites Verhalten zeigen, kann man mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit einen hohen Grad an Spiritualität bis zur vielleicht tatsächlich erfolgten Erleuchtung annehmen.
Die Akzeptanz des "Es ist, wie es ist", verbunden mit einer hohen Friedenssehnsucht, Einfühlsamkeit, Empathie und Rücksichtnahme.

Ein hohes Verantwortungsgefühl, sowohl sich selbst gegenüber, als auch gegenüber Mitmenschen und Umwelt ist auch zu vermuten.
Eitelkeiten wie Profilierungssucht, Prahlsucht, Platzhirschverhalten und Ähnliches dürften bei diesen Menschen wohl selten zu finden sein, wenn überhaupt.


Und noch ein denkbarer Unterscheidungspunkt zu theologischen, menschengeschaffenen Vorschriften, in denen ja oft die glaubensnotwendige Furcht vor dem "Herrn" (eine Fehlübersetzung nach einigen Quellen von "JHWH" in "Kyrios" {altgr. "Herr"}) gepredigt bezw. nahegelegt wird:

Ein erleuchteter Mensch, der sich im Einklang weiß, hat einfach keine Furcht mehr vor Gott, seinem Teil des eventuell in ihm befindlichen omnipräsenten Gottes!

Ich kann mir auch vorstellen, dass ein Gefühl der demütigen Dankbarkeit vorhanden ist und somit auch frustrierende Unzufriedenheiten mit "dem Leben an sich" reduziert sind.

Allerdings kann ich mir ebenfalls vorstellen, dass einem Erleuchteten die Frage "Wurde mir damit eine spirituelle Aufgabe übertragen? Und welche?" einiges Nachdenken wert sein kann.

Ich bedaure es sehr, nicht mehrere "Belebte und Befreite" in Calvins Sinne, also umgangssprachlich Erleuchtete/Berufene, oder zumindest ziemlich sicher am Wege zur Erleuchtung Befindliche, zu meinen Bekannten zählen zu können. Trotz meiner 80 Jahre (2022) reicht momentan eine Hand zum Abzählen. Mögen ihnen Umgebung und Lebensumstände nicht zu Stolpersteinen werden.

Warum hören wir nie etwas über den Vorgang einer Erleuchtung? Ich denke, er ist an und für sich unbeschreibbar. Die Absicht ihn zu beschreiben endet vermutlich in der Resignation "Was und wie soll man überhaupt etwas Unbegreifliches beschreiben?".

Ergänzung 8.8.2008: Habe demgegenüber aber gestern zufällig ein Forum entdeckt, dass sich auch mit "Erleuchtungen" beschäftigt. Ich bin freilich noch weit davon entfernt, den Großteil durchforstet zu haben. Die ersten Eindrücke über Leute, die sich dort als Erleuchtete - auch zwischen den Zeilen -  zu verstehen geben, möchte ich derart zusammenfassen: Sie sind - sofern sie keine notorischen Lügner sind, was ich voraussetze - von ihrer Erleuchtung überzeugt, aber mich konnte keiner mit dem was er schreibt von ihrer bereits erfolgten Erleuchtung restlos und zweifelsfrei überzeugen. Nach meiner Meinung zu viel Kampfbereitschaft und Eitelkeiten lesbar. Und nur ganz selten ist auch etwas von  "Barmherzigkeit" zu merken, die meiner Meinung nach eine wesentliche Eigenschaft eines/r Erleuchteten sein sollte/könnte/dürfte.

An eine "Erleuchtung" oder auch nur "Erhellung", die Menschen trotzdem Vorurteile und Unterstellungen äussern lässt, statt mit dem Thema einer Internetdiskussion möglichst sachlich und andere Menschen nicht frustrierend umzugehen, mag ich wirklich nicht glauben. Es fehlt dabei nämlich das "Echo" der Erleuchtung und die Lebens-Einstellungsänderung. Da wäre dann ja die Erleuchtung quasi "Alles für die Katz" gewesen.

Allerdings: Es ist auch völlig unwesentlich, ob ich mit meinen eigenen subjektiven Maßstäben das angeblich Geschehene für wahr halte oder nicht. Das ändert nichts an der subjektiven Wirklichkeit oder den persönlichen Empfindungen der sich als "erleuchtet" Betrachtenden, selbst wenn eine lautstark behauptete Erleuchtung objektiv ziemlich unwahrscheinlich erscheint. Natürlich ist diesen Menschen auch die maximal mögliche Glaubensfreiheit zuzugestehen, sofern sie nicht andere Menschen beleidigen, in ihrem Wohlbefinden schädigen oder irgend etwas anderes  Menschenverachtendes tun.
Wenn sie sich zu Absurditäten versteigen, wie zur als allgemein hingestellte Behauptung, dass "Das Leben" bereits die Vorhölle sei, oder in ihren Forenbeiträgen ("Postings") offensichtlich einem Korrumpierungseffekt zu ungunsten der klaren Linie unterliegen, werden sie "Erleuchtungs"-unglaubwürdig. Da helfen schon gar nicht die nachgespielten Anwendungsversuche esoterischer Gehirnwäschemethoden, die in irgendwelchen Büchern als Wege zur Erkenntnis beschrieben werden.

Als Conclusio zur Foren-Ergänzung 8.8.2008 der Schlussabschnitt aus einem indischen Büchlein namens:
The Ten Dirty Secrets of Getting Enlightened (A madman's guide for instant enlightenment)

"SECRET OF ALL SECRETS:
 
Do not teach your shit to others!!!
 
There is already big conflict over what gurus and messiahs had told, so you please keep quite. Do not shout. 
 
People are already confused, because so many paths and so many concepts about truth and reality.
Now you do not introduce a new one."

 
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Als Abschluss die passenden Worte vom Arzt und Priester Angelus Silesius (1627-1677) im Cherubinischen Wandersmann:

Der Himmel ist in dir:
Halt an, wo laufstu hin, der Himmel ist in dir;
Suchstu Gott anderswo, du fehlst ihn für und für.

Gott wohnt in einem Licht, zu dem die Bahn gebricht:
Wer es nicht selber wird, der sieht Ihn ewig nicht.

Wie Gott im Menschen:
Gott ist noch mehr in mir, als wann das ganze Meer
In einem kleinen Schwamm ganz und beisammen wär.

Wird Christus tausendmal zu Bethlehem geboren 
und nicht in dir: du bleibst noch ewiglich verloren.
   
Beschluss:
Freund, es ist auch genug. Im Fall du mehr willst lesen,
So geh und werde selbst die Schrift und selbst das Wesen.

"So geh und werde selbst die Schrift und selbst das Wesen."
Vordergründig: Lese in Dir selbst und erhoffe nichts vom Dir wesensfremden Äußeren.
Aber noch intensiver die Aufforderung: Werde Teil von der Schrift (im Buch des Lebens) und (Seinem) Wesen.


Sarvepalli Radhakrishnan (1888-1975):

"Die Grundwahrheiten einer spirituellen Religion besagen, dass das höchste Sein unser eigentliches Selbst ist, das wir zu entdecken haben und dessen wir zunehmend bewusst werden müssen, in dem alles in allem ist." - "Die Grunderfahrung, auf die alles ankommt, ist die Erfahrung des wesenhaften Einsseins mit dem gesamten Sein."


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Warum ich diese Abhandlung hochmotiviert mit großer Freude geschrieben habe? Also genau betrachtet: "Keine Ahnung, mir war halt danach!"
Wie eigentlich bei meinen anderen spirituellen Abhandlungen auch. "Mir war halt danach..."

Rudolf Fiala
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