Vorwort/Begriffsdefinition:
Warum ich
im Haupttitel den Begriff "Inspirierte Lichtgestalten" statt
gleich
"Erleuchtete" schreibe, hat mit der Vermarktung und der oft
kontraversiellen Interpretation des Erleuchtungsbegriffes zu tun.
Besonders durch "Beglückungsorganisationen
mit Patentrezept",
beispielsweise
hier.
Sind
die wirklich unter uns und nur wenige wissen es?
Wenn
man von offensichtlich begnadeten Verstorbenen
ausgeht, die ja
auch in ihrer menschenerfüllten Gegenwart gelebt haben, sollte
es wohl auch in unserer Gegenwart erleuchtete Menschen geben.
Als typisches Beispiel möchte ich hier den
ehemaligen Wiener
Kardinal Dr. Franz König
anführen, der in
seinen späten Äusserungen eine große
Hellsichtigkeit
- um hier nicht den strengen Begriff "Erleuchtung" zu
verwenden -
erkennen ließ, die weit über die Dogmatik der
Amtskirche hinausging.
Auch unseren Zeitgenossen Prof.
Dr. Dr. Paul Michael
Zulehner
- Lehrstuhlinhaber für Pastoraltheologie an der
Universität Wien - halte ich für eine Lichtgestalt
der berufenen Spiritualität und meine, dass viele
Zuhörer
seiner Ausführungen im Fernsehen und Radio mir zustimmen
werden.
Es gibt sicher noch viele gleichwertige Beispiele, man
möge
mir die
Reduktion auf diese zwei sehr bekannten Personen entschuldigen. Dass
ich hier zwei hochrangige Katholiken, beide aber quasi keine typische
"Päpstlichen", als Beispiele erwähnte,
hat
nur den Grund ihrer Bekanntheit und soll das Nachvollziehen
für
den Leser leicht machen. Der "Rang" ist für die
Spiritualität
völlig irrelevant, ein "kleiner" sich aus dem
"Rang"-Wettbewerb
zurückgenommener Aussteiger und/oder Pensionist, ja sogar ein
Kind,
kann auch Träger einer erleuchteten Spiritualität
sein. Nichts
spricht dagegen.
Calvins "Vivifikation" ("spirituelle Belebung") und sehr
ähnliche
Denkmodelle anderer Glaubenstheoretiker betonen ausdrücklich
die
Vorbedingungslosigkeit des Erleuchtungsgeschehens!
Den eigentlich
obsoleten Begriff "Heiligung" vermeide ich wegen seiner inhaltlichen
Verwechslungsgefahr mit "Heiligsprechung".
Ich hoffe, mal abgesehen vom Thema der Abhandlung, dass Sie
auch
Begegnungen mit überspringenden Funken, mit Einklang oder
schlicht
nur tiefer, im Prinzip unerklärlicher Freude erlebt haben.
Warum kennen wir nicht mehr dieser
wirklich Erleuchteten,
"Befreiten",
dieser im Sinne Calvins der "Vivifikation" Teilhabenden?
Vielleicht fehlt uns im
Alltag die aufgeschlossen
Wachheit
und Erkenntnisbereitschaft, um diese Menschen bei
seltenen Gelegenheit rasch zu erkennen.
Warum offenbaren sie sich
nicht?
Ich vermute, da gibt es einige Begründungsgruppen,
die
innerhalb
kürzester Zeit nach einer Erleuchtung wirksam werden, egal ob
einem höheren Einfluss zu verdanken und/oder aus eigener
Spiritualität.
Ihre Maxime könnte sein: "Mensch, werde
wesentlich", "Sei
Du selbst" und "Erschwere nicht das sich Treubleiben"!
Vielleicht auch eine spirituelle Abneigung gegen eine verbale
Selbstüberhöhung? Freunde nicht kränken zu
wollen?
Diese
Begnadeten sind zwar durchaus lebhafte Menschen, in der Wortwahl
aber bedächtig, nicht streitsüchtig und versuchen in
Diskussionen, die Sache an sich zu vertreten, ohne zu probieren, durch
manipulativen Streit Entscheidungen zu erzwingen. Ein Schulterzucken
bedeutet vielleicht nicht "Ich weiß das nicht", sondern "Es
zahlt
sich nicht aus darüber zu streiten".Besonders wenn
eine
Verifizierung oder Falsifizierung gar nicht möglich ist und
der
Kontrahent mit der (auch hierarisch oder dogmatisch) "lauteren" Stimme
versuchen
könnte, seinen (unbeweisbaren!) Wahrheitsanspruch
durchzudrücken.
Sie fallen somit nicht durch ein aggressives Diskussionsverhalten auf.
Eher schon durch Geduld.
Dass allerdings das wohlfundierte und abgesicherte Feuer
gegen
kirchliche Missstände einem vielleicht Erleuchteten gut
ansteht, beweist durch sein Engagement allerdings treffend Prof. Hans
Küng.
Hans Küng, ca. 80(2008),
ist emeritierter Professor für
ökumenische Theologie an der Universität
Tübingen und Präsident der Stiftung
Weltethos.
Das
haben sie: Glaubenssicherheit und Sicherheit in ethischen und
moralischen Wertvorstellungen:
Ich stelle mir vor, dass ein Erleuchteter so an Sicherheit
gewinnt,
dass er zur emotionalen Herausforderung für alle jene werden
könnte,
die
ferne jeder spirituellen Sicherheit sind. Er könnte sogar zum
Feindbild werden.
Um das und allfällige Folgen zu vermeiden, bietet sich
logischerweise die Geheimhaltung dieser erleuchtungsbedingte Sicherheit
an.
Auf Wienerisch: "Nur net auffoin!" Und wir erkennen seine
Erleuchtung kaum.
Aus diesen 2 Punkten ergibt sich aber
etwas sehr
Interessantes, sofern
es Menschen betrifft von deren spirituellem Interesse man
weiß:
Wenn sie ein sicheres, ruhiges, streitfreies, trotz hohem Wissensstand
kompromissbereites
Verhalten zeigen, kann man mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit einen
hohen Grad an Spiritualität bis zur vielleicht
tatsächlich
erfolgten
Erleuchtung annehmen.
Die Akzeptanz des "Es ist, wie es ist", verbunden mit einer hohen
Friedenssehnsucht, Einfühlsamkeit, Empathie und
Rücksichtnahme.
Ein hohes Verantwortungsgefühl, sowohl sich selbst
gegenüber,
als auch gegenüber Mitmenschen und Umwelt ist auch zu vermuten.
Eitelkeiten wie Profilierungssucht, Prahlsucht, Platzhirschverhalten
und Ähnliches dürften bei diesen Menschen wohl selten
zu finden sein, wenn überhaupt.
Und noch ein denkbarer Unterscheidungspunkt
zu
theologischen,
menschengeschaffenen Vorschriften, in denen ja oft die
glaubensnotwendige Furcht vor dem "Herrn" (eine
Fehlübersetzung
nach einigen Quellen von "JHWH" in "Kyrios" {altgr. "Herr"}) gepredigt
bezw. nahegelegt wird:
Ein erleuchteter Mensch, der sich im Einklang
weiß,
hat
einfach keine Furcht mehr vor Gott, seinem Teil des eventuell in ihm befindlichen
omnipräsenten Gottes!
Ich kann mir auch vorstellen, dass ein Gefühl der
demütigen Dankbarkeit
vorhanden ist und somit auch frustrierende Unzufriedenheiten mit "dem
Leben an sich" reduziert sind.
Allerdings
kann ich mir ebenfalls vorstellen, dass einem Erleuchteten
die Frage "Wurde mir damit eine spirituelle Aufgabe
übertragen?
Und welche?" einiges Nachdenken wert sein kann.
Ich bedaure es sehr, nicht mehrere "Belebte und Befreite" in
Calvins
Sinne, also
umgangssprachlich Erleuchtete/Berufene, oder zumindest ziemlich sicher
am Wege
zur Erleuchtung Befindliche, zu meinen Bekannten zählen zu
können. Trotz meiner 80 Jahre (2022) reicht momentan eine Hand zum
Abzählen. Mögen ihnen Umgebung und
Lebensumstände nicht
zu Stolpersteinen werden.
Warum hören wir nie etwas
über
den Vorgang einer
Erleuchtung? Ich denke, er ist an und für sich unbeschreibbar.
Die
Absicht ihn zu beschreiben endet vermutlich in der Resignation "Was
und wie soll man überhaupt etwas Unbegreifliches beschreiben?".
Ergänzung
8.8.2008:
Habe demgegenüber aber gestern zufällig ein Forum
entdeckt, dass sich auch mit
"Erleuchtungen" beschäftigt. Ich bin freilich noch weit davon
entfernt, den Großteil durchforstet zu haben. Die ersten
Eindrücke über Leute, die sich dort als Erleuchtete -
auch zwischen den Zeilen - zu verstehen geben,
möchte ich derart zusammenfassen: Sie sind -
sofern sie keine notorischen Lügner sind, was ich voraussetze
- von ihrer
Erleuchtung überzeugt, aber mich konnte keiner mit dem was er
schreibt von ihrer bereits erfolgten Erleuchtung
restlos und zweifelsfrei überzeugen. Nach
meiner Meinung zu
viel Kampfbereitschaft und Eitelkeiten lesbar. Und nur ganz selten ist
auch etwas von "Barmherzigkeit" zu merken, die meiner Meinung
nach eine wesentliche Eigenschaft eines/r Erleuchteten sein
sollte/könnte/dürfte.
An eine "Erleuchtung" oder auch nur
"Erhellung", die Menschen
trotzdem Vorurteile und Unterstellungen äussern
lässt, statt
mit dem Thema einer Internetdiskussion möglichst sachlich und
andere Menschen nicht frustrierend umzugehen, mag ich wirklich nicht
glauben. Es fehlt dabei nämlich das "Echo" der Erleuchtung und
die
Lebens-Einstellungsänderung. Da wäre dann ja die
Erleuchtung quasi "Alles für die Katz" gewesen.
Allerdings:
Es ist auch völlig unwesentlich, ob ich mit meinen
eigenen subjektiven Maßstäben das angeblich
Geschehene
für wahr halte oder
nicht. Das ändert nichts an der
subjektiven Wirklichkeit oder
den
persönlichen Empfindungen der sich als "erleuchtet"
Betrachtenden,
selbst wenn eine lautstark behauptete Erleuchtung objektiv
ziemlich unwahrscheinlich erscheint.
Natürlich ist diesen Menschen auch die maximal
mögliche
Glaubensfreiheit zuzugestehen, sofern sie nicht andere Menschen
beleidigen, in ihrem Wohlbefinden schädigen oder irgend etwas
anderes Menschenverachtendes tun.
Wenn sie sich zu Absurditäten versteigen, wie zur als
allgemein hingestellte Behauptung, dass "Das Leben" bereits die
Vorhölle sei, oder in ihren Forenbeiträgen
("Postings") offensichtlich einem Korrumpierungseffekt
zu
ungunsten der klaren Linie unterliegen, werden
sie "Erleuchtungs"-unglaubwürdig. Da helfen schon gar
nicht
die nachgespielten Anwendungsversuche esoterischer
Gehirnwäschemethoden, die in irgendwelchen Büchern
als Wege
zur Erkenntnis beschrieben werden.
Als Conclusio zur Foren-Ergänzung 8.8.2008 der
Schlussabschnitt aus einem indischen Büchlein namens:
The
Ten Dirty Secrets of Getting Enlightened (A madman's guide
for instant enlightenment)
"SECRET OF ALL SECRETS:
Do not teach your shit to others!!!
There is already big conflict over what gurus and messiahs had told, so
you please keep quite. Do not shout.
People are already confused, because so many paths and so many concepts
about truth and reality.
Now you do not introduce a new one."
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Als Abschluss die passenden Worte
vom Arzt
und Priester Angelus
Silesius (1627-1677) im Cherubinischen Wandersmann:
Der Himmel ist in dir:
Halt an, wo laufstu hin, der Himmel ist
in dir;
Suchstu Gott anderswo, du fehlst ihn
für und für.
Gott wohnt in einem Licht, zu dem die
Bahn gebricht:
Wer es nicht selber wird, der sieht Ihn
ewig nicht.
Wie Gott im Menschen:
Gott ist noch mehr in mir, als wann das
ganze Meer
In einem kleinen Schwamm ganz und
beisammen wär.
Wird Christus tausendmal zu Bethlehem
geboren
und
nicht in dir: du bleibst noch ewiglich verloren.
Beschluss:
Freund, es ist auch genug. Im Fall du
mehr willst lesen,
So geh und werde selbst die Schrift und
selbst das Wesen.
"So geh und werde selbst die Schrift und selbst das
Wesen."
Vordergründig: Lese in Dir
selbst und erhoffe nichts vom Dir wesensfremden
Äußeren.
Aber noch intensiver die Aufforderung: Werde Teil von der
Schrift
(im Buch des Lebens) und (Seinem) Wesen.
Sarvepalli
Radhakrishnan (1888-1975):
"Die Grundwahrheiten einer spirituellen Religion besagen,
dass das
höchste Sein unser eigentliches Selbst ist, das wir zu
entdecken
haben und dessen wir zunehmend bewusst werden müssen, in dem
alles
in allem ist." - "Die Grunderfahrung, auf die alles ankommt, ist die
Erfahrung des wesenhaften Einsseins mit dem gesamten Sein."
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Warum ich diese Abhandlung hochmotiviert mit großer
Freude
geschrieben habe? Also genau betrachtet:
"Keine Ahnung, mir war halt danach!"
Wie eigentlich bei meinen anderen
spirituellen Abhandlungen auch. "Mir war halt danach..."
Rudolf
Fiala