Laienspiritualität
32: Egal
was, wie und wem Sie für Ihre Spiritualität
glauben, oder auch nicht,
Sie können es in
eigener Verantwortung und
Überzeugung
tun.
Beim
teilweisen oder ganzen "In-die-Hand-nehmen" Ihres Glaubens
mögen Ihnen meine Abhandlungen
und Linkangaben helfen.
©
Rudolf
Fiala, 30. 10.
2009,
rev.16.6.2022
Die "Liebe" Gottes: Ein
voreiliges, unkompetentes Versprechen des Klerus
Durch
die Unerkennbarkeit Gottes eigentlich eine leere, ja
gefährliche Worthülse!
Es
wäre doch zu schön, wenn man sich bezüglich Seiner Liebe, von der man
doch so oft in den Predigten hört, hoffnungsvoll verlassen könnte.
Sie
annehmen, nie zweifeln und damit eine optimale Entscheidungshilfe
hätte, um den unangenehmen und gefährlichen Dingen des Lebens
gegenüberzutreten. Sich in geliebt empfundener Gnade zu fühlen.
Einerseits
will ich keinesfalls anzweifeln, dass es Menschen gibt, die sich aus
ihren Erfahrungen heraus in der göttlichen Gnade geborgen empfinden.
Andererseits
gibt es die Problematik des "Verborgenen Gottes", dem durch seine
Verborgenheit
alles mögliche angedichtet werden kann. Und wird.
Erstaunlicherweise
gibt es sogar hochrangige Theologen, die sich immer wieder gegen die
Vereinnahmung Gottes wehren und stellvertretend möchte ich hier den
Wiener Erzbischof Dr. Christoph
Kardinal Schönborn 2008 zitieren:
Gedanken
zum Evangelium am 14. Sonntag im Jahreskreis; Vollinhaltliches
Teilzitat (Verwendungserlaubnis liegt
vor)
daraus:
„....
Doch
ehrlich: Wer
kann von sich sagen, er kenne Gott wirklich? Was wir von Gott wissen,
ist Ahnung, meist ein recht unbestimmter Glauben "an eine
höhere Macht". Aber so wirklich, so ganz und gar, kennt doch
keiner von uns Gott.”
Sehr offenherzige und anerkennenswerte Worte des obersten
österreichischen Katholiken!
Nun
zum Kern dieser Abhandlung:
Es
ist so furchtbar einfach, in einer Predigt das Aufmerksamkeit heischende
Wort "Liebe" zu verwenden und anzunehmen, dass es jeder
ohnedies
verstehe. Natürlich tut das jeder, aber der Inhalt ist für jeden
Menschen sehr unterschiedlich.
Je nach Lebenserfahrungen, Gefühlslage,
Alter, Sozialsituation, Geschlecht etc. etc. ist das Verständnis dieses
sehr Vieles umfassenden Begriffs während der Predigt sehr
differenziert, ja kann für das hoffentlich erbauliche Predigtziel sogar
behindern sein.
Jene,
deren negative Erlebnisse überwiegen, werden in ihrer Aufmerksamkeit
nachlassen, wenn wieder einmal wie so oft, das für sie frustrierende
Reizwort
ertönt. Für dessen auch positive Inhalte sie ja keinerlei oder nur
wenige persönliche Beweise haben! Hoffnungslosigkeit ohne Ende.
Und
womöglich noch
das
anmaßende Versprechen der Liebe einer verborgenen göttlichen Entität zu
hören, von
der im Alltag der Welt objektiv keinerlei lenkender "allmächtiger"
Einfluss
beweisbar ist. Weder durch "Wunder", noch durch wissenschaftliche
Methoden, die die Existenz dieses Göttlichen beweisen können.
Allerdings
auch nicht die Nichtexistenz! Bleibt nur der "Glaube" im Sinne Sir Karl
Poppers. Der weitinterpretierbare Glaube, unterschiedlich auch über
den ganzen Globus.
An
einen lenkenden Gott nach beinahe 2000 Jahre Christentum zu glauben,
fällt ohnedies sehr sehr schwer. Da läge der Glaube an den Teufel schon
um einiges näher. Mal ganz abgesehen von der Diskussion über die "Helle
und dunkle Seite Gottes" im Sinne der allmächtigen Omnipräsenz.
Sie haben es nicht leicht, die
"Berufsprediger", nicht wahr?
Wenn
dann noch aus zB. konfessionellen Gründen seitens der Zuhörer die
Kompetenz bezüglich Liebe in Frage gestellt wird - wie fast
zwangsläufig bei röm. kath. Predigern dank Zölibat oder bei bekannt
zölibatär lebenden Predigern anderer Konfessionen, liegt der Gedanke
"Jetzt wird schon wieder über etwas ohne fundiertes Wissen darüber -
pure angelernte Theorie - geplaudert" nahe. Predigtwirkung nahe NULL.
Da
spielt es wenig Rolle, ob mit Liebe nur die "geistige", also
platonische Liebe
ohne Sexualität gemeint ist, es geht schlicht um "Beziehung" und da hat
ein vom System wohlbehüteter Zölibatärer zwangsweise einen reduzierten
Erfahrungs- und Wissensstand gegenüber voll im Leben stehenden Menschen.
Außerdem
wird ihm im Predigt- und/oder Gesprächsfall vermutlich prinzipiell die
Kompetenz abgesprochen.
Beispielsweise "Der/Die von der Kirche
Wohlbehütete hat doch keine Ahnung vom wirklichen Beziehungsleben."
Nun,
was will/muss ein Berufsprediger rein weltlich(!) betrachtet erreichen:
1.)
Erhalt oder möglichst Steigerung der Mitglieder seiner Kirche und somit
der Einnahmen, was ihm nur gelingen wird, wenn
2.) sich die
Menschen zum Gottesdienstbesuch und somit Gemeindeverbleib emotional verpflichtet fühlen.
Nach
einem halben Jahrhundert Beobachtungen im evangelischen Bereich denke
ich, dass dieses Ziel nur durch eine charismatische Person erreichbar
ist. Die Menschen mit Furcht, Höllenangst und Absolutions-Abhängigkeit
zu binden, fällt ja im evang. Bereich weg.
Also
das "Versprechen der Liebe Gottes":
Wäre
freilich hochinteressant, wenn ein liebezitierender Prediger seine
Vorstellungen darlegen wollte, was er damit wirklich meint.
Nicht
nur Standardphrasen
wie ".... Ihr seid geborgen in der Liebe Gottes
...", "... sie wird euch führen ....", ".... der Kern des Glaubens
....", ".... etc ...". Standardphrasen, von denen angenommen wird, dass
sie ohnedies jeder verstehe. Tja formal schon zu verstehen, aber was ist der Inhalt?
Das wirkliche Versprechen
im Jetzt und Hier?
Das "Jetzt" und "Hier"
zählt für die Menschen, ihre Hoffnungen, Nöte,
Unzufriedenheiten und
Krankheiten von sich und Nahestehenden. Und da soll eine leere
Worthülse etwas verändern können?
Und das Jenseits? Dank
Rechtfertigungslehre braucht sich ein Protestant darüber ja keine
Sorgen machen....
"Leere
Worthülse" eine gewagte Behauptung?
Ich
denke, das ist überhaupt kein Wagnis, weil streng theologisch ist eine
einer verborgenen göttlichen Entität zugedichtete Eigenschaft schlicht
phantasievolle Dichtung ohne jede Allgemeinkonsequenz.
Auch wenn noch so viele öffentliche Institutionen dahinterstehen!
Und
die oftmalige Erwähnung dann ein frommes Märchen, letzendlich sinnlos.
Aber
bequem für den/die Predigt-VerfasserIn, keine Frage.
Zu Weihnachten
wird uns wieder gehäuft von den Kanzeln und aus den Lautsprechern die
Liebe Gottes in Form des zur Opferung geschenkten Jesuskindes
eingeredet werden. Mit erhobener Stimme und stereotypen Wiederholungen;
dringlich Akzeptanz heischend.
War für die Erfüllung
dieser postulierten Liebe tatsächlich der lange schmerzvolle Leidensweg Jesu
notwendig? Und dazu noch 30 Silberlinge und all die in der Bibel
lesbaren Ungeheuerlichkeiten? Lassen Sie sich das wirklich einreden,
dass sich so die Liebe Gottes, eines allwissenden, allmächtigen Gottes,
manifestierte?
Oh
Gott, was tun sie Dir in ihrer eigenen Liebelosigkeit alles
an ...
Leere Worthülsen seit
Jahrtausenden ...
Was
verstehen eigentlich Sie, der geschätzte Leser unter "Gottes Liebe"?
Ein
langes glückliches Leben für Sie und Ihre Lieben, frei von
schmerzhaften Krankheitserlebnissen?
Die Kraft zur
frustrationsfreien Meisterung des Lebens?
Einen schnellen schmerzfreien Tod?
Für sich selbst oder alle moribunden Verwandten oder Bekannten?
Wäre
das nicht eine Form der gelungenen Gottesliebe?
Statt dessen: Eine
leere, gepredigte Worthülse ohne konkrete Versprechungen.
Ist ja nur zu logisch, viele konkrete Versprechungen wären ja schnell
als Betrug entlarvt.
Die Hoffnung haben,
die angesagte "Gottesliebe", aber auch die menschliche Liebe als
"Selbsterfüllende Prophezeihung" zu erfahren? Hätten die PredigerInnen
da nicht doch recht, zumindestens manchmal?
Seltsamerweise hängen
"Selbsterfüllende Prophezeihungen" (fast?) immer nur mit negativen und
sogar
bedrohlichen
Lebensdingen zusammen.
Die
seltenen, eine Lebensgewinn bedeutenden selbsterfüllenden
Prophezeihungen überdauern oft nur kurze Zeit, bis sie endgültig und
unwiderruflich in ihr Gegenteil umschlagen.
Leider gilt
gerade das
für den Kern dieser Abhandlung, eben für die Liebe. Die optimistisch
begonnene beidseitig empfundene Liebe ist viel zu oft nach einem kurzen
Strohfeuer eines der ehemalig Liebenden nur mehr Geschichte und
manchmal nur
mehr als lästig empfundene Pflicht gegen den nicht im Strohfeuer
Verbrannten und weiter an sie Glaubenden.
"Gott
sei Dank" - wörtlich gemeint - gibt es Menschen, für die aus ihren ihr
Leben betreffenden mehrfachen Erfahrungen heraus die Liebe und Gnade
Gottes unbedingte Wahrheit ist. Quasi ein gefühlter "privater"
Gottesbeweis.
Dass
diese wenigen Menschen damit nicht öffentlich
hausieren gehen, wie die wenigen Erleuchteten mit
ihrer
"Erleuchtung" auch nicht, liegt in der Natur der Sache. Eine private
Natur eben, die es nicht wirklich bis auf die Kanzel schafft. Auf der
dann mit immer den gleichen Schlagworten (aufschlussreich der Begriff
"Schlag"-Worte, nicht wahr?) etwas gar nicht Gelebtes gepredigt wird.
Hypothesenvermittlung; schade,
sehr sehr schade!
Hypothesen über die experimentell
nicht beweisbare Liebe des Verborgenen Gottes und auch über die Liebe
zwischen Individuen.
Fazit:
Ich bezweifle keinesfalls die
Möglichkeit der geschenkten Liebe Gottes, seiner Güte und
Barmherzigkeit!
Jeder der sie empfindet hat
keinen Grund mehr, daran zu zweifeln.
Ich bestreite aber die
Sinnhaftigkeit, generell
dem prinzipiell
verborgenen und unerklärbaren Gott
irgendwelche beliebigen,
von Menschen erwünschte Eigenschaft oder Handlungsweise anzudichten.
Dass
dadurch jene Menschen, die dieser Gnade nicht teilhaftig wurden, sich
ent- und getäuscht fühlen ist eine zwangsweise Folge, die die Ursache
für eine noch weitere seelische Entfernung vom Gottesprinzip und der
Kirche darstellen
kann.
Für sie sind die gottesdienstlichen Worte von "Gottes Liebe"
tatsächlich eine leere Worthülse, obschon gerade sie dieser Liebe so
dringend bedürften.
Weniger "versprechende schöne"
Worte im Gottesdienst und anderen Verkündigungen sind sicher sinnvoller.
Und
schaffen a priori weder die Frustrationen der nicht eingetroffenen
Erwartungen, noch das Gefühl der empfundenen "für mich Versager gibt es
das eh nicht"-Frustration samt ihrer Gefahren. Z.B. Tod
des ohnedies sehr
zarten und gefährdeten Pflänzchens "Hoffnung" samt u.U. tragischer
Folgen!
Das »Du sollst deinen Nächsten lieben
wie dich selbst.«
ist zwar ein nachdenkenswerter Ansatz, kann aber bei Selbsthass auch
zur gefährlichen und zerstörerischen Drohung ausarten; LEIDER.
Mehr
"Behutsamkeit" - wie am ersten Adventsonntag evangelischerseits
im TV
zu hören war - sei uns allen, ob Laien oder Kirchenprofis, anempfohlen.
Meine Ergänzung: Auch bei den allzu
leichtfertigen
Versprechungen, auch
der Liebe des Verborgenen Gottes, halte
ich eine achtsame "Zurücknahme"
der Intensität
und auch Intention für dienlich! Zu Gunsten auch der
Glaubwürdigkeit!! Besonders da ja
diese
Versprechungen nicht auf eigenen Erfahrungen, sondern nur auf
unbeweisbaren Hypothesen beruhen können.
Zusätzlich
ist auch eines sicher, wie
der
evangelische Theologe Rudolf Bultmann sagte: "Gott ist ganz anders"!
Auch
vermutlich in Seinen Maßstäben gegenüber der menschengeschaffenen
Hypothesen.
Raubt uns die kritische
Hinterfragung der oftzitierten Gottesliebe nicht jede Hoffnung?
Ich
denke ganz dezidiert NEIN! Denn eine von Menschen und ihren
Institutionen nicht in Regeln und Hypothesen pressbare Liebe, lässt
doch jedem Menschen unabhängig von seiner persönlichen Geschichte samt
seinen ethischen Fehlern die Hoffnung auf Seine Gnade. Ohne jede
Einschränkung!
Deus absconditus!
Rudolf
Fiala