Laienspiritualität
45: Egal
was, wie und wem Sie für Ihre Spiritualität
glauben, oder auch nicht,
Sie können es in
eigener Verantwortung und
Überzeugung
tun.
Beim
teilweisen oder ganzen "In-die-Hand-nehmen" Ihres Glaubens
mögen Ihnen meine Abhandlungen
und Linkangaben helfen.
©
Rudolf
Fiala, 20. 6.
2010, rev 3.6.2022
„Das Leben übersteigt
unendlich alle Theorien, die man im Bezug auf das Leben zu bilden
vermag“
wie Boris Pasternak so
trefflich
schrieb.
(Boris
Pasternak wurde im
österr. religiösen TV am 6.6.2010 zitiert.)
Nachtrag 12.7.2010: Durch
eine philosphische Fernsehreihe konnte ich ungeschulter und
unverbildeter Spätstarter erkennen, dass Anselm von Canterbury
das schon vor ca. 900 Jahren in ähnlicher Form gesagt hat.
Er hat
freilich nicht das "Leben" sondern "Gott" als ontologisch beweisbar
betrachtet.
Das prinzipielle
Beweisverfahren, das in Pasternaks und seiner Nachfolger Worten
kumuliert, ist identisch mit dem von A.v.Canterbury!
Und
wieder einmal: Nichts Neues unter der Sonne!
_ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _
_ _ _
Das Leben ist einfach
da, rücksichtslos!
Und Theorien, Wissenschaften,
Philosophien und
Religionen: alles weit unter dem übersteigenden Leben an sich.
Ich
möchte am Anfang Sie und mich mit zwei Strophen aus dem
Kirchenlied "Die Güldenen Sonne" einstimmen:
4. Es sei ihm gegeben mein Leben
und Streben,
mein Gehen und Stehn. Er gebe mir Gaben
zu meinem Vorhaben,
lass richtig mich gehn.
5. In meinem Studieren
wird er mich wohl führen
und bleiben bei mir, wird
schärfen
die Sinnen
zu meinem Beginnen und öffnen
die Tür.
Diese
Bitten stehen uns allen gut an und es gibt keinen Grund anzunehmen,
dass sie uns schaden könnten.
Die Atheisten könnten diese
Strophen ja an ihr Unterbewusstsein, ihren Instinkt und was
auch immer
richten ...
„Das übersteigende Leben über
allen menschengeschaffenen Theorien”
Nun,
das ist
nicht nur eine triviale Feststellung, sondern m.E. viel mehr:
Ein
Mathematiker würde vielleicht sagen: "Es ist die Umfassungsmenge alles
Denkbaren, alles experimentell irgendwann und irgendwie Erfahrbaren.
Aber auch alles Undenkbaren und Unerfahrbaren, dessen Existenz a priori
nicht ausgeschlossen werden kann."
Klingt plausibel,
oder doch nicht?
Ist vorstellbar, dass der
"Verborgenen Gott" auch
Teil dieser Umfassungsmenge ist?
Natürlich,
aber es wird ja wohl sofort unmittelbar einsichtig, dass Gott mit diese
"Umfassungsmenge" identisch ist. Schlicht und unbegrenzt identisch!
Das
alles übersteigende Pasternak'sche Leben ist verwurzelt im Unendlichen
Gottesbegriff!
Und kein Mathematiker kann das
Gegenteil
dieser Behauptung beweisen.
Wenigstens etwas, wofür im
geistlichen Sektor der Religionen Mathematik gut ist :-)
Jesus und das Leben
Er
war ja - wie nicht anders erwartbar - sehr lebensnahe. Er hatte ja auch
die gleichen Bedürfnisse und Körpervorgänge wie alle anderen Menschen.
Eine Tabuisierung irgendeiner Körperfunktion ist nicht anzunehmen und
der römische Zölibat wurde erst Jahrhunderte später erfunden.
Ein
schönes Beispiele der Lebensnähe ist bei Lukas 7 zu finden,
zu dem eigentlich nur mehr anzuführen ist, dass nach moderner Forschung
die Vereinigung der beiden Frauengestalten "Unbekannte Sünderin" und
"Maria Magdalena" durch röm. "Meinungsbildner" einfach falsch sein
dürfte.
Leonardo
da Vincis "Letztes Abendmahl" kommt da der tatsächlichen
Beziehung
Jesus zu Maria Magdalena vermutlich näher.
Auch wenn der
"geliebteste Jünger" meistens als "Johannes" interpretiert wird. Der
auf diesem Gemälde unwidersprechbar der femininste der Jünger zu sein
scheint.
Allerdings: Belege für eine intime
Beziehung finden sich nicht, „so schön das viele auch fänden“, räumt
Bibelforscher Stegemann ein.
Man beachte auch das Abendmahlsbild
von Jacopo Basano, etwa 1510 - 1592.Die
Details von Christus mit seinem "Lieblingsschüler" samt Fußpositionen
würde
man eher einem weiblichen "Lieblingsschüler"
zuordnen.
A)
Jesu Salbung durch eine Sünderin
36Es
bat ihn aber der Pharisäer einer, daß er mit ihm äße. Und er ging
hinein in des Pharisäers Haus und setzte sich zu Tisch.
37Und
siehe, ein Weib war in der Stadt, die war eine Sünderin. Da die
vernahm, daß er zu Tische saß in des Pharisäers Hause, brachte sie ein
Glas mit Salbe
38und
trat hinten zu seinen Füßen und weinte und fing an, seine Füße zu
netzen mit Tränen und mit den Haaren ihres Hauptes zu trocknen, und
küßte seine Füße und salbte sie mit Salbe.
39Da
aber das der Pharisäer sah, der ihn geladen hatte, sprach er bei sich
selbst und sagte: Wenn dieser ein Prophet wäre, so wüßte er, wer und
welch ein Weib das ist, die ihn anrührt; denn sie ist eine Sünderin.
40Jesus
antwortete und sprach zu ihm: Simon, ich habe dir etwas zu sagen. Er
aber sprach: Meister, sage an.
41Es
hatte ein Gläubiger zwei Schuldner. Einer war schuldig fünfhundert
Groschen, der andere fünfzig.
42Da
sie aber nicht hatten, zu bezahlen, schenkte er's beiden. Sage an,
welcher unter denen wird ihn am meisten lieben?
43Simon
antwortete und sprach: Ich achte, dem er am meisten geschenkt hat. Er
aber sprach zu ihm: Du hast recht gerichtet.
44Und
er wandte sich zu dem Weibe und sprach zu Simon: Siehest du dies Weib?
Ich bin gekommen in dein Haus; du hast mir nicht Wasser gegeben zu
meinen Füßen; diese aber hat meine Füße mit Tränen genetzt und mit den
Haaren ihres Hauptes getrocknet.45Du
hast mir keinen Kuß gegeben; diese aber, nachdem sie hereingekommen
ist, hat sie nicht abgelassen, meine Füße zu küssen.46Du
hast mein Haupt nicht mit Öl gesalbt; sie aber hat meine Füße mit Salbe
gesalbt.
47Derhalben
sage ich dir: Ihr sind viele Sünden vergeben, denn sie hat viel
geliebt; welchem aber wenig vergeben wird, der liebt wenig.
48Und
er sprach zu ihr: Dir sind deine Sünden vergeben.
49Da
fingen die an, die mit zu Tische saßen, und sprachen bei sich selbst:
Wer ist dieser, der auch Sünden vergibt?
50Er
aber sprach zu dem Weibe: Dein Glaube hat dir geholfen; gehe hin mit
Frieden!
Die
aus dieser beliebten Lukas-Stelle sprechende Lebensnähe, ja, die
Schätzung des Lebens an sich und vor allem
die Barmherzigkeit gegen die liebende Seele der sogenannten Sünderin
empfinde ich als offensichtlich.
Ganz
nebenbei, vielleicht zum Schmunzeln, wenn's nicht traurig wäre: Einmal
abgesehen vom unbekannten Namen, ist auch nicht die Art der "Sünde"
definiert. Vielleicht hätten da einige der Anwesenden auch nicht ins
strenggläubige Pharisäer-Haus gepasst?
B)
Noch eine
hoffnungsvolle Lebensnähe bei Lukas 20:
38... (ein) Gott
aber ist nicht der Toten, sondern der Lebendigen Gott; denn sie leben
ihm alle.
Na also: Man sorge sich nicht ums tote
Jenseits, im diesseitigem Leben ist Gott zu finden!
C)
Dass Jesus manchmal "Mensch" mit menschlichen Mängeln war,
geht z.B.
aus dem "Verdorrten Feigenbusch" hervor, den Jesus angeblich
verwünschte, weil er keine Früchte zu seinem Gebrauch trug. Was nach
Meinung von botanisch erleuchteten Bibelwissenschaftlern zu dieser
Jahreszeit gar nicht
möglich war.
Apropos
"verwünschender Jesus": Auch wieder nur eine der vielen Legenden? Von
denen durch die moderne Jesusforschung immer mehr auftauchen? Die aber
m.E. der zu verkündenden
"Idee Jesus" gar nicht schaden können.
Sie
wollen noch mehr Menschliches von Jesus lesen: hier
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D)
Das "Dreifaltige" Leben:
Das
Beispiel für die Trinität an sich: 1) Das Prinzip (der verborgene
Gott), 2) die
angreifbare Materie (der Mensch Jesus), 3) der vernetzende
Informationsfluss
(Geist).
1)
Das schaffende Prinzip, Naturgesetz, was immer Sie wollen
2)
die angreifbare Materie, auch wenn im subatomaren Bereich von
körniger Materie nicht mehr die geringste Spur ist; alles Energie
3)
der vernetzende Informationsfluss: Fließende, verbindende, einbettende
Informationen zur Beziehungs- und Interaktions-Aktivierung.
Die
Crux ist nur, dass kein Mensch weiß, was Information oder ein
Informationsquant wirklich ist! Schon gar nicht wie der Austausch
vor sich geht und/oder wie der Wirkmechanismus Information
(Ursache) ==> materielle oder geistige Reaktion tatsächlich
funktioniert.
Nicht greifbar, nicht erklärbar, "geist"-erhaft
trotz Wirkung.
Und alle drei gar nicht wirklich
trichotomierbaren Teilformen sind ein gewaltiges Lebensganzes.
Sonstiges:
Das Leben auf der Erde trennt ganz offensichtlich nicht in die
menschlichen Begriffe "Gut" und "Böse".
Es
bleibt somit jedem Menschen im Rahmen seiner postulierten
Willensfreiheit überlassen, wie er sich in dem großen Aktions- und
Empfindungsfeld zwischen "absolut gut" und "absolut böse" einordnet.
Wobei leider das, was allgemein momentan als "menschlich gut" empfunden
wird, langzeitlich für den Planeten Erde samt seiner Bewohner
durchaus schlecht bis sehr schlecht sein kann.
Das
"alle Theorien übersteigende" Leben an sich in unserer modernen Zeit:
Eine
Befreiung der Gläubigkeit von menschengeschaffenen Theorien ist gewiss
spürbar.
Beispielsweise
würde eine Entkräftigung jener in den ersten Jahrhunderten von
System-Administratoren ihnen
zweckdienlich erscheinende Auswahl der Schriften, zusammengefasst
allgemein bekannt unter dem Begriff "Bibel", durch eine "unzensurierte
Urbibel", also eine möglichst informelle Schriftensammlung, dem
modernen Christentum und/oder den Glaubenswelten dienlicher sein.
Die Kehrseite der Münze:
Die das Leben übersteigenden Theorien!
Die
beiden Kehrseitenanmerkungen sollen nur eine Darstellung einer
erkennbaren, bedauernswerten Wirklichkeit,
fern von einer unnotwendigen Gehässigkeit sein; es ist eben so unter
der Dominanz des "übersteigenden Lebens"
Da
gibt es doch so schöne Theorien die man lesen kann, in Gesprächen
gesagt bekommt, ja, von der Kanzel hören kann.
Schöne
Theorien, die von Nächstenliebe, Toleranz, Vergebung, Verständnis,
Gesprächsnotwendigkeit und -Bereitschaft usw. usw. handeln.
Sie
werden im Brustton der Überzeugung vorgetragen und vielleicht glaubt
der/die Vortragende - entrückt in der selbstmotivierten Begeisterung -
genau in diesem Moment auch tatsächlich daran.
Und
die Wirklichkeit? Wenn später die Einhaltung dieser Theorien, dieser
Versprechungen notwendig oder zumindest sinnvoll wäre?
Wenig
von alledem Theoretischen, manches
nur pure Theorie ohne jeden Nutzeffekt.
Weiters
gibt es noch die leicht dahingesprochenen, nie beweisbaren Theorien,
die sogar Ursache für Frustration und Trauer sein können, weil der/die
Vortragende in höheren Sphären schwebt, die fern der persönlichen
Verhältnisse des Zuhörers sind.
Diese Diskrepanz zwischen
Idealisierung und Wirklichkeit kann zu schweren psychischen Belastungen
führen und in der Folge zu Depressionen samt weiterer Schäden,
besonders wenn ohnedies schon eine bedenkliche
oder bedrohliche
Lebenssituation mit womöglich noch einem hoffnungslos scheinenden
Burn-Out-Syndrom gegeben ist.
Noch
eine traurige
Kehrseite:
Die lebensfernen, erzwungenen oder sogar absurden Theorien bei vor das
Gesicht gehaltenen Mikrofonen und Kameras von Fernsehanstalten etc!
Dabei werden Menschen
übermotiviert
- oder sollte ich besser sagen, vergewaltigt? -, um relativ
unvorbereitet "Gescheites" von sich zu geben. Obwohl aus der
Körpersprache der Wortspender ihre Qual samt der eigenen Zweifel an der
Aussage ganz offensichtlich erkennbar ist, wird das trotzdem gesendet.
Besonders wenn man sich eines/r bekannten MeinungsbildnerIn, PredigerIn
oder TV-Dauergastes "bemächtigen" konnte.
Ob dessen/deren sonst oft
spürbares Charisma plötzlich fort ist,
dürfte den Interviewern - es lebe die Show! -
ziemlich egal
sein. Besonders wenn der Interviewte eine entsprechende
"Aufwandsentschädigung" bekommt, was möglicherweise der Fall sein
könnte.
Die
bevorzugten Opfer sind PerfektionistInnen, deren Achtsamkeit auf die
eigene Person schon mal vom "Höheren Ziel" und/oder vom Wunsch nach
öffentlicher Wahrnehmung und Anerkennung unterdrückt wird.
(Diese
Bemerkung ist keine Gehässigkeit, sondern Realität bei sonst durchaus
achtenswerten Meinungsbildnern. Und wie sprach die bei manchen
Menschen so beliebte Ingeborg Bachman: "Die Wahrheit ist den Menschen
zumutbar!"Auch
den "Meinungsbildnern" mit ihren privaten oder/und menschengeschaffenen
institutionellen Regeln.)
Was ich glaube, ganz
privat und ohne jeden absoluten Wahrheitsanspruch:
Zu einem vorgeschlagenen, zur Veröffentlichung in den Medien bestimmten
Thema auch mal "Nein" zu sagen, könnte
manchmal sinnvoll, ja sogar wegen des Wegfalls nachträglicher Zweifel
und Eigenkritik (Fremdkritik ist ohnedies selten essentiell)
gesund sein.
Besonders wenn es um Glaube und Spiritualität
geht. Eigentlich sehr persönliche, in die eigene verletzliche Tiefe
gehende Begriffe.
Epilog:
Ich
habe diese Abhandlung mit einem Kirchenlied begonnen und es ist
naheliegend, sie auch mit einem - sowohl auf alle meine Abhandlungen,
aber
auch auf meine persönliche Lebenssituation an sich - passenden
Kirchenlied zu
beenden.
Mit
einem, das vom Leben handelt und das Pfarrerin Marise Boon für den
heutigen (20.6.2010) reformierten Gottesdienst ausgewählt hatte. Ein
schon sehr passender Zufall!
Vertraut den neuen Wegen
Evang. Gesangsbuch 395; Text: Klaus Peter
Hertzsch 1989
1.
Vertraut den neuen Wegen, auf die der Herr uns weist,
weil
Leben heißt: sich regen, weil Leben wandern heißt.
Seit
leuchtend Gottes Bogen am hohen Himmel stand,
sind Menschen
ausgezogen in das gelobte Land.
2. Vertraut den
neuen Wegen und wandert in die Zeit!
Gott will, dass ihr ein
Segen für seine Erde seid.
Der uns in frühen Zeiten das Leben
eingehaucht,
der wird uns dahin leiten, wo er uns will und
braucht.
3. Vertraut den neuen Wegen, auf die uns
Gott gesandt!
Er selbst kommt uns entgegen. Die Zukunft ist
sein Land.
Wer aufbricht, der kann hoffen in Zeit und Ewigkeit.
Die
Tore stehen offen. Das Land ist hell und weit.
Rudolf
Fiala