» Die eigenverantwortliche dogmenfreie Gläubigkeit «

Laienspiritualität 42:
 Egal was, wie und wem Sie für Ihre Spiritualität glauben - oder auch nicht -, Sie könnten es in eigener Verantwortung und Überzeugung tun.
Beim teilweisen oder ganzen "In-die-Hand-nehmen" Ihres Glaubens mögen Ihnen meine Abhandlungen und Linkangaben helfen.


Eli, Eli , WOZU hast Du mich verlassen!

Die Übersetzung "warum" ist falsch, und wieso das wichtig ist.


© Rudolf Fiala, 13.4.2010, Nachtrag November 2014     check 17.06.2022


Zu Beginn eine sprachliche Klarstellung, gilt auch in den biblischen Originalsprachen:

»Warum« ist das Fragewort nach einer aus der Vergangenheit kommenden Begründung.
» Wozu«  ist das Fragewort nach dem beabsichtigtem Zweck, also zukunftsgerichtet!
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Der Evangelist Markus überliefert die Worte Jesu nicht nur in griechischer, sondern auch in aramäischer Sprache, der Muttersprache Jesu:

"Und zur neunten Stunde rief Jesus mit lauter Stimme: »Eloi, Eloi, lama sabachtani?«,
 das heißt übersetzt: »Mein Gott, mein Gott, wozu hast Du mich verlassen?«".


Nun, die Frage »warum?« macht ja auch nicht richtig Sinn, sie hätte einen ziemlich rhetorischen Charakter, wie die meisten »warum«-Fragen auch, von denen wir doch soviele immer wieder hören und die oft doch nur ein schlecht versteckter Vorwurf sind:
"»Warum« hast du deine Hausaufgabe nicht gemacht?",
"»Warum« fährst du schon wieder 150km/h?", "»Warum« ist kein Bier im Eiskasten?", etc. Zumindest in der letzten Frage ergibt sich mit »Wozu« ein zukunftsgerichtete Antwortmöglichkeit wie "Damit Deine Gesundheit geschont wird!", während mit »warum« die Antwort wohl "Ich habe vergessen, es zu kaufen" sein könnte.

Zu Jesu letzten Worten sind eine Vielzahl an Veröffentlichungen zu finden.

Damit ist der theologische Teil wohl ausreichend dokumentiert und kann durch eigene Linksuchen noch vertieft werden.
Bemerkenswert ist, dass "Eloi, eloi ....." in Johannes 19, 17-35 nicht berichtet wird!

Mir geht es in dieser Abhandlung aber um etwas ganz Anderes. Letztendlich um die Glaubhaftigkeit.

Nehmen wir als wahr an, dass der ewige(!) dreieinige Gott seinen ewigen(!) Teil "Sohn" der jüdischen/römischen Plebs und Justiz überantwortet hat oder zumindest das Leidensgeschehen zum künftigen Heile zugelassen hat;

Nehmen wir folgerichtig weiter an, dass ER im Sinne der unteilbaren, ewigen Trinität auch dieser ans Kreuz zu schlagende "Sohn" war:
Der Schrei des gequälten und jetzt (von der Trinität!) verlassenen Menschen Jesu, der in seiner Todesminute noch erfahren möchte, »wozu« das Alles gut sein soll, bekommt einen ganz anderen Sinn, als wenn der Schrei »warum« gelautet hätte.

»WARUM«, das wusste er ohnedies schon lange, auch als der traditionskundige nur-Mensch Jesus. Aber das letztendliche »WOZU« war dem verlassenen Menschen Jesus vermutlich genau so unklar, wie es uns Menschen fast 2000 Jahre später auch noch unklar ist.

Eine einfache Teilantwort zum »wozu verlassen« ist wohl klar: Wenn der dreieinige Gott sich in Jesu verbleibend zum (vorgetäuschten?) Kreuzestod zwingen hätte lassen, und das noch im Wissen um Seine Unsterblichkeit, wäre das der billigste Zaubertrick aller Zeiten gewesen. Um nicht in diesen Geruch zu kommen, MUSSTE Er den geopferten Menschen Jesus zeitgerecht und dokumentiert verlassen!

Johannes 10 trägt hier noch zusätzlich zum Zaubertrick-Geruch bei:
[..]
17 Darum liebt mich mein Vater, daß ich mein Leben lasse, auf daß ich's wiedernehme.
18 Niemand nimmt es von mir, sondern ich lasse es von mir selber. Ich habe Macht, es zu lassen, und habe Macht, es wiederzunehmen. Solch Gebot habe ich empfangen von meinem Vater. (Johannes 5.26)
[...]
Ja, wenn er ohnedies die Macht hat, sich "das Leben wiederzunehmen", da war die Kreuzigung eine bewusst durchgeführte Show-Aktion mit dem Wissen um das "Wiedernehmen", genannt "Auferstehung"!  
Und die Opferung des zuletzt "entgöttlichten/enttrintalisierten" Mensch Jesus ein durch und durch unethischer und verwerflicher Vorgang. Derartiges hätte sich ein "Gott" einfallen lassen? Heutzutage undenkbar.
 
Seltsam, nicht wahr? Selbstverständlich auch nicht als »richtig« beweisbar; aber auch nicht als »falsch«; wie bei Glaubensdingen eben üblich.

 Nachtrag Nov.2014: Aus der aktuellen Judas-Evangelium-Forschung:
Jesus gerät nicht in die Mühlen ihrer Justiz: «Derjenige, der mich trägt, wird morgen gequält werden. Amen, ich sage euch: Nicht wird die Hand eines sterblichen Menschen sich an mir vergehen.» Offenbar trennt sich der göttliche Jesus noch vor der Passion von seinem menschlichen «Träger».

Nachtrag 16.4.2010: Bei Jürgen Moltmann ist zu lesen: »Indem Gott seinen Sohn nicht verschont, liegt darin eine Verschonung aller Gottlosen. Sie sind als Gottlose gerade darum nicht gottverlassen, weil Gott seinen eigenen Sohn verlassen und für sie dahingegeben hat. Darum liegt in der Hingabe des Sohnes an die Gottverlassenheit der Grund für die Rechtfertigung der Gottlosen und die Annahme der Feinde durch Gott«
Einmal von der seltsamen Logik abgesehen: »... Gott hat seinen eigenen Sohn verlassen .... Hingabe des Sohnes an die Gottverlassenheit ...«
Wie von mir behauptet: Gott hat den Menschen Jesus "verlassen"!


Das könnte auch ein Grund sein, warum der Wiederauferstandene von jenen, die IHM begegnet sind, nicht erkannt wurde. ER war eben nicht die materielle Erscheinung des Menschen "Jesus" sondern "Etwas" ganz anderes. Dazu wäre das Verschwinden Jesu aus dem Grab gar nicht notwendig gewesen! Und verschiedenes Anderes aus der Jesus-Legende auch nicht.
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Also 1977 Jahre später, jetzt im Jahr 2010: Eli, Eli: WOZU wirklich?
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Noch eine Anfügung aus dem Blickwinkel der zweiten großen postmosaischen Religion und zur eigenen Ehre Gottes:

WOZU eigentlich dieser für den Menschen Jesus martervolle Tod?
Dessen Zulassung für die Muslime unmöglich zu glauben ist! Die Ehre Gottes steht auf dem Spiel!
Nach der Verneinung der Kreuzigung in Sure 4,158 folgt in 4,159 der begründende Satz: "Gott ist allmächtig und allweise!"
(Für Muhammad war es undenkbar, dass Gott einen so wichtigen und frommen Gesandten einfach hätte sterben lassen.)  
Es ist interessant, dass der Ehre Gottes im Alten und Neuen Testament und in den angeblich von Gott angeordneten oder geduldeten Ereignisse durch die Jahrtausende kaum Gewicht beigemessen wird. Es scheint sie im Fundamentalismus und Biblizismus überhaupt nicht zu geben! Und in der Inquisition schon gar nicht! Ein "ehrenvoller" Gott, der Frauen als Hexen verbrennen lässt?
Undenkbar, oder?


Rudolf Fiala

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