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dogmenfreie Gläubigkeit «
Laienspiritualität
9: Egal
was, wie und wem Sie für Ihre Spiritualität
glauben - oder
auch nicht -, Sie könnten es in eigener Verantwortung und
Überzeugung
tun.
Beim
teilweisen oder ganzen "In-die-Hand-nehmen" Ihres Glaubens
mögen Ihnen meine Abhandlungen und Linkangaben helfen.
Der junge Luther und
sein therapeutisches angstbefreiendes Konzept Fast 5 Jahrhunderte alte Hilfen gegen
anerzogene
Schuldkomplexe
Luthers
Reformation
eine Hilfe gegen
Schuldkomplexe?
Ja
doch; das war der große Verdienst Martin Luthers,
als er die
Menschen entpäpstlicht hat und ein Gegengewichte schaffen
musste,
um jenen Menschen, die unter ihren "Sünden" litten und jetzt
keine
Methode zur Entlastung mehr hatten - und schon gar nicht mehr mittels
Ablasszahlung - eine Befreiungsmethode anzubieten.
Eine
Befreiungsmethode als wirksames "Werkzeug", oder gleich
vorbeugend und somit a priori schuldbefreiend,
ein theologisches
Gedankengebäude der prinzipiellen Schuldfreiheit.
Basierend
auf
den Evangelien und/oder der Heilsgeschichte.
Aus
einer Calvin-Abhandlung: » Für die Menschen der
Reformationszeit ist die Erkenntnis der bereits geschehenen
Erlösung geradezu revolutionär: Ein unruhiges, gar
schlechtes Gewissen
gemacht zu bekommen und zu haben, sind sie durch den Katholizismus
ihrer Zeit gewohnt; nun kann die damit erzeugte Angst genommen, kann
neue, ungewohnte Freiheit gewonnen werden! In einer dunklen Zeit, in
der die Scheiterhaufen loderten,
Religionskriege wüteten und die Angst vor Gott und dem Teufel
zum
Alltag gehörte.«
Luthers
95 Thesen - ob jetzt am Kirchentor angeschlagen oder nicht - handeln
überwiegend (These 5 bis 91!) vom Papst, seiner Geldvermehrung
und
dem Ablass(un)wesen. Bleiben 8 Thesen, die aber m.E. fundamentalistisch
röm. katholisch sind und kaum unserem protestantischen Denken
entsprechen.
Natürlich
ist zu berücksichtigen, dass Martin Luther ein Mönch
war, die
röm. kath. bezw. "päpstliche" Kirchenorganisation zu
verbessern suchte und zuerst keine neue Religion gründen
wollte. Damit
waren einerseits in den 95 Thesen ja kaum echt theologische Thesen
notwendig, andererseits sind darin freilich streng katholische
Vorschriften bezüglich Papst, Priester und Gläubige
zu finden, die
eben unserem heutigen evangelischen Verständnis zutiefst
zuwider laufen.
Dazu
kommt außerdem, dass die damaligen Päpste und ihre
Verwandten, sogar Kinder, und Günstlinge kaum dem
religiösen
Bild des "Felsen, auf dem ich meine Kirche bauen werde" entsprachen,
sondern eher dem Zerrbild machtbesessener Potentaten, die eine
Möglichkeit gefunden haben, die Menschen zu unterwerfen.
Vordergründig ohnedies, aber auch unterschwellig mittels
dauernder
Androhungen von Hölle, Fegefeuer, Pein einerseits und
andererseits der
größenwahnsinnigen
Erlösungszusage durch
bezahlten
Ablass. Und das auf Basis einer Legende, wie Papst Leo X.
angeblich bemerkte: "Alle
Welt weiß doch, wie viel uns diese Fabel vom Christus eingebracht hat!"
Und
dem hat Luther sich offiziell 1517
getraut in einer
Art entgegenzutreten, die die Päpste einen großen
Teil ihrer
Einkommensmöglichkeiten beraubte. Das konnten sich diese und
ihre
Vasallen doch nicht gefallen lassen, nicht wahr?
Keine
Ablasszahlung? Na, dann auf zum Schmoren etc.etc. in der Hölle
oder im Fegefeuer....
Und
jetzt kommt Luthers große Leistung auf Basis der Bibel: die
Transformation der Heilsgeschichte in den Alltag der Menschen und die
Beseitigung der Höllenfurcht und Ängste, auch ohne
Ablass:
Sein auf Paulus beruhendes Gedankengebäude!
Ausreichend
- und
besser als ich es könnte - hier beschrieben:
Daraus:
"Ein
Christenmensch ist ein freier Herr über alle Dinge und niemand
untertan. Ein Christenmensch ist ein dienstbarer Knecht aller Dinge und
jedermann untertan."
Luther
meint in seiner Rechtfertigungslehre mit Berufung auf Paulus, wie von
einem Wissenschaftler definiert:
....,
dass die
Rechtfertigung allein durch Christus geschehen sei und dem Christen
allein durch den empfangenden Glauben, nicht durch eigenes Tun zuteil
werde (Röm
3,28). Der Glaube aber werde allein durch das Wort
der
Christusverkündigung bewirkt, das in der Bibel grundlegend und
hinreichend enthalten sei und in der Predigt aktualisiert
werde... Auch Gal
2,16
Und
über den geknechteten, also nicht
eigenverantwortlichen Willen schreibt Luther wörtlich: "Auf
diese
Weise ist der menschliche Wille mitten zwischen beide [in medio]
gestellt, ganz wie ein Reittier, wenn Gott darauf sitzt,
will er und
geht, wohin Gott will, wie der Psalm sagt: ´Ich bin wie ein
Zugtier geworden und ich bin immer mit dir` [Ps 73, 22f.]. Wenn
der
Satan darauf sitzt, will er und geht, wohin der Satan will.
Und er hat
nicht die Entscheidungsfreiheit [in eius arbitrio],
zu einem der Reiter
zu laufen oder ihn zu suchen, sondern die Reiter selbst streiten darum,
ihn festzuhalten und zu besitzen"
Diese
Beispiele mögen reichen und zeigen, dass Luther
tatsächlich eine Entlastung für den sich
unnötig schuldig fühlenden Gläubigen anbot,
die fern jeder Ablasszahlung und damit verbundener oder anderer
Freisprechungsrituale war.
Dass freilich die
Päpste damit keine Freude hatten, hatten sie doch
am 18.
April 1506 den Grundstein für die neue
Peterskirche und ihrem
einige Jahrzehnte langen Bau gelegt, ist leicht verständlich. Damit
war es zwangsläufig, dass der Augustinermönch mit
seinen "Verbesserungsvorschlägen" kein Heim mehr in der
röm. kath. Kirche haben konnte. Und zwangsläufig zum
Reformator und Leitfigur einer neuen Evangelischen Religion mutierte,
obwohl das gar nicht seine Intention gewesen ist. Quasi ein
röm. kath. Betriebsunfall.
Dass
der späte
Luther samt
seinen schweren
Erkrankungen, Alkoholkonsum und Äusserungen langsam zunehmend
ab 1525/26 (dokumentierte
"Tischgespräche" etc., Beispiel unten im Anhang**) kaum einem
heutigen ethischen Ideal entspricht und damit auch ungewollt zu einer
der Leitfiguren des Nationalsozialismus und der Judenverfolgung wurde
ist eine der tragischen, grauslichen "Scherze" der Weltgeschichte. Ergänzende
Anmerkung 11.12.2009: Die bis heute hier lesbare Ergänzung ("Ich möchte
aber dem Menschen und Genie
Luther zu
Gute halten, dass das viele Leid, das er ohnmächtig sehen
musste,
wie zB. die quasi Abschlachtung der Bauern in den seiner Reformation
folgenden Religionskriegen ... [.] ...psychische Veränderungen ...")
und Interpretation seiner Psyche kann ich nicht mehr aufrechterhalten. Die
Gründe sind in dieser Geschichtsabhandlung zu finden: Luther Ende Anmerkung.
Vom bereits kranken, ja psychopathischen Luther:„Es ist ein überaus gerechtes Gesetz, dass die Zauberinnen getötet
werden, denn sie richten viel Schaden an, was bisweilen ignoriert wird,
sie können nämlich Milch, Butter und alles aus einem Haus stehlen…
Schaden fügen sie nämlich an Körpern und Seelen zu, sie verabreichen
Tränke und Beschwörungen, um Hass hervorzurufen, Liebe, Unwetter, alle
Verwüstungen im Haus, auf dem Acker, über eine Entfernung von einer
Meile und mehr machen sie mit ihren Zauberpfeilen Hinkende, dass niemand
heilen kann ….“
Warum
die Lutheraner in diesem Zusammenhang nicht zur Trennung des
anerkennenswerten jungen Luthers als IHREM Reformator und jenem
verbitterten,
persönlichkeitsveränderten Luther ab etwa
1526 schreiten, ist mir
unverständlich. Andererseits, der späte Luther nach
etwa 1530
- dem Jahr der Augsburger Religionsverhandlungen - wird
so selten in Gottesdiensten etc. erwähnt, dass auf eine
stillschweigende Trennung, ja sogar Ablehnung wegen Inkompetenz der
seit damals entstandenene Schriften
geschlossen werden könnte (leider nur Konjunktiv).
Eine
klare Trennung
würde einen großen Fortschritt für die
Glaubwürdigkeit des lutherischen Konzeptes bedeuten. Denke ich
als lutherisch Getaufter und seit 44 Jahren (2008) Reformierter Evangelischer
Helvetischen Bekenntnisses. Andererseits ändert freilich der
"späte Luther" an der Richtigkeit seines
Reformationskonzeptes real nicht das Geringste.
Das
hier schon Einiges in Schwebe ist kann man z.B. daraus erkennen:
Gedanken
für den Tag 29. 10. 2008, im Programm
Österreich 1 "Zum
Reformationstag" von Luise Müller, Superintendentin A.B. von
Salzburg und
Tirol
" …semper
reformanda
... Über
den Glauben reden. Dem Glauben Worte geben. Das will Luther. Und so
erklärt er, formuliert Gebete und Predigten, schreibt Briefe
und hält Reden am Mittagstisch. Sein Verstand arbeitet auf
Hochtouren und sein Herz fließt über. Er ist ein
leidenschaftlicher Mensch. Er macht Politik und schreibt Lieder. Er ist
ein radikaler Reformer und ein liebevoller später Vater. Er
bleibt mir manchmal unbegreiflich und von manchem, was er sagt, so wie
seine späten Äußerungen über die
Juden, wünschte ich, er hätte es nie gedacht,
geschweige denn zu Papier gebracht. Schon
allein
wegen dieser Schattenseiten Luthers dürfen unsere
Reformationsfeste nie zu Heldengedenktagen verkommen. Reformation ist
eine bleibende Aufgabe, für jede Konfession."
Inmitten
des heftigen Streits in der Frage nach dem Abendmahl zwischen
Zürich und Wittenberg, verschwieg Calvin nicht, wie fremd ihm
der
„maßlose, blitzeschleudernde Zorn“, die
„heftige Art“, gar die „Anfälle
von Wildheit“ bei Luther waren (vgl. Briefe I, 308), aber
trotzdem
mahnte er die Schweizer zur Nachsicht, so am 25. November 1544 in einem
Brief an Bullinger in Zürich:
„… Aber das ist mein Wunsch, dass Ihr Euch
darauf besinnt, welch
großer Mann Luther doch ist, durch welche
außerordentliche Geistesgaben
er sich auszeichnet, wie tapfer und unerschütterlich, wie
geschickt,
wie gelehrt und wirksam er bisher immer gearbeitet hat an der
Zerstörung der Herrschaft des Antichrists und an der
Ausbreitung der
Lehre zur Seligkeit. Ich hab’s schon oft gesagt: Wenn er mich
den
Teufel schölte, ich würde ihm doch die Ehre antun,
ihn für einen ganz
hervorragenden Knecht Gottes zu halten, der freilich auch an
großen
Fehlern leidet, wie er an herrlichen Tugenden reich ist. Hätte
er sich
doch bemüht, sein stürmisches Wesen besser im Zaum zu
halten, mit dem
er überall herausplatzt! Hätte er doch die
Leidenschaftlichkeit, die
ihm angeboren ist, stets gegen die Feinde der Wahrheit gekehrt, statt
sie gegen Knechte des Herrn blitzen zu lassen! Hätte er sich
doch mehr
Mühe gegeben, seine Fehler einzusehen! Am meisten haben ihm
die
Schmeichler geschadet, da er schon von Natur zu sehr dazu neigt, sich
selbst milde zu behandeln. Und doch ist’s unsere Pflicht, was
fehlerhaft ist an ihm, so zu tadeln, dass wir seiner genialen Begabung
etwas zugute halten. Denke also vor allem daran, das bitte ich Dich wie
Deine Kollegen, dass Ihr es zu tun habt mit einem Erstling unter den
Knechten Christi, dem wir alle viel schulden. …“
Dem
kann ich als Nichttheologe nichts mehr
hinzufügen.
- -
- - - o o o -
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Nachtrag:
Im Rahmen meiner Recherchen als Nicht-Theologe bin ich auf ein
interessantes, ja sogar befremdliches Phänomen
gestoßen: Auf die "Namenslutheraner" , besonders in
evangelischen Diskussionsgruppen! Menschen,
die sich als Angehörige der Lutherischen Kirchen verstehen,
aber
von den oben angeführten Freiheitsprinzipien des Lutherischen
Glaubens nur eine geringe oder keine Ahnung haben. Sie
verlangen von
der Kirchenleitung wie Bischof, Superintendenten und Pfarrern
politische
Stellungnahmen oder/und sogar Verurteilungen missliebiger Politiker und
wollen einfach nicht verstehen, dass die Rechtfertigungslehre
verdammende Abqualifizierungen eines anderen Menschen a priori
verhindert. Egal welcher Art die Vorwürfe sind. Dass
diesen Menschen auch das Wort "Richtet nicht, auf dass ihr nicht
gerichtet werdet!" völlig egal ist - wie eine Diskussion ergab
-
ist eigentlich auch nicht mehr verwunderlich. Matthäus
7, 1-5
Der tiefere Sinn von
Jesu
Worten " ...und vergib uns unsere Schuld, wie
auch wir vergeben
unseren Schuldigern..."
bleibt offensichtlich auch Manchen verborgen. Die ganz Schlauen und
vielleicht auch theologisch Geschulten verwenden allerdings die
Vergebungsbitte "...Herr ich habe gesündigt und.... bitte um
Vergebung...." OHNE "...wie auch wir vergeben...". Und ersparen sich
damit auf einfache Art oftmalig die Entschuldigung bei dem/den
Menschen, an dem/denen sie schuldig geworden waren.
Das
Gleichnis vom unbarmherzigen Knecht scheint
im 21 Jhdt. leider auch oft zu passen. Aber das gilt ja
nicht nur für Lutheraner .... Trotz
des Wissens um dieses Gleichnis und auch seinen
quasi
therapeutischen Sinn fällt es auch mir manchmal schwer, sofort
nach subjektiv für "wichtig" gehaltenen
Enttäuschungen nicht
- zumindest eine Zeitlang - unverzeihend und nachtragend zu sein. Mea
culpa ....
Die Kirche lehrt, dass
keine Gotteserfahrung nötig sei. Und Martin Luther lehrt sogar, dass
der Glaube das Gegenteil vom Begreifen sei. So schreibt er z. B.: „Da
er [Gott] nun nicht begriffen werden kann, wird Raum gegeben zur
Einübung des Glaubens … und zwar so, dass, indem Gott tötet, der Glaube
an das Leben im Tod eingeübt wird“ (Vom geknechteten Willen,
Weimarer Ausgabe der Lutherschriften, Band 18, S. 632 f.).
Das Töten „Gottes“ geschieht für ihn z. B. durch ein totalitäres
Obrigkeits-Regime, das von ihm laut Römerbrief 13, 4
als „Gottes Dienerin“ betrachtet wird. Oder es geschieht durch Prediger
und Theologen, die den Politikern die Anweisungen geben. So sagt er z.
B. von sich selbst: „Ich habe im Aufruhr alle Bauern [im Bauernkrieg]
erschlagen … Aber ich schiebe es auf unseren Herrgott; der hat mir
befohlen …“ (Tischreden, Weimarer Ausgabe der
Lutherschriften, Band 3, S. 75) Luther hatte blutige
Massaker an den Bauern gefordert, die dann auch durchgeführt wurden.
70.000 – 100.000 Bauern kamen im Jahr 1525 ums Leben; auch zahllose,
die sich am Aufstand gar nicht beteiligt hatten.
Erstaunlich
ist, dass Bildnisse Luthers in "Lutherischen" Kirchen gefunden werden
können. Wie schon SI Müller sinngemäß mitteilte: es gibt
keinen Grund für "Heldengedenken"