» Die eigenverantwortliche dogmenfreie Gläubigkeit «

Laienspiritualität 81:
Egal was, wie und wem Sie für Ihre Spiritualität glauben - oder auch nicht -, Sie könnten es in eigener Verantwortung und Überzeugung tun.
Beim teilweisen oder ganzen "In-die-Hand-nehmen" Ihres Glaubens mögen Ihnen meine Abhandlungen und Linkangaben helfen.


Hauptseite mit Emailadresse

Gespräch mit Gott, die spezielle Form einer Theodizee.

Von Dr. Theodor Much, aus seinem Buch "Zwischen Mythos und Realität / Judentum wie es wirklich ist"

© Rudolf Fiala, 11.3.2016      check 27.06.2022


Ein Interview mit Gott

von Dr. Theodor Much
Dr. Much
Nach langen und zunächst vergeblichen Bemühungen, war es mir -
Dank der Intervention mehrerer bekannter sehr frommer Persönlichkeiten
(die aber anonym bleiben wollen) - gelungen, ein Kurzinterview
mit Gott zu führen.
Das historische Gespräch fand unlängst auf der Spitze des Djebel
Musa (Moses Berg) am Sinai in 2285 Meter Seehöhe statt.
Selbstverständlich war es mir nicht möglich, meinen Gesprächspartner
zu erblicken (denn von Angesicht zu Angesicht Gott zu sehen,
war bisher nur dem Propheten Moses vergönnt), doch seine dröhnende
Stimme konnte ich sehr wohl laut und deutlich vernehmen.
Da ich zu meinem Leidwesen beim Interview kein Mikrophon
benützen durfte (und auch sonst keinerlei technische Hilfsmittel mitbringen sollte),
ist die hier vorliegende Niederschrift ein Gedächtnisprotokoll.
Kleine Wiedergabefehler sind daher nicht ganz auszuschließen.

ICH: Allmächtiger, lieber Gott, gestatte mir mich zunächst für
das von Dir gewährte Gespräch ganz herzlich zu bedanken (Anmerkung
des Verfassers: Mir schien die Ich-Du-Form im Gespräch - und
ich beziehe mich auf Martin Bubers Grundwort - durchaus angemessen,
und Gott machte auch offensichtlich keine Einwände dagegen),
ich versichere Dir, dass ich all Deine Worte wortgetreu und unverfälscht
der Weltöffentlichkeit bekannt geben werde.

GOTT: Tu mir einen Gefallen und versuche, dich kurz zu fassen.
Ich mag keine geschwollenen Platitüden, und außerdem fehlt mir
auch die Zeit für allzulange und sicherlich nutzlose Gespräche. Wisse,
dass ich mich um mein ganzes Universum kümmern muss, um
Trillionen von Sternen, Planeten und mehr oder weniger intelligente
Lebewesen. Um es dir ganz deutlich zu sagen.: Eure winzige Sonne
und euer unbedeutender verkommener Planet mit all seinen geistig
noch unterentwickelten Bewohnern ist fur mich nur noch lästig.
Also stelle deine Fragen, drei an der Zahl, und das dali dali. (Diese
Worte wurden von einem gewaltigen Blitz und fürchterlichen Donner
begleitet.)

ICH: Danke, lieber Gott, für die Belehrung, ich will Deine Befehle
erfüllen und mich kurz fassen.

Meine erste Frage, die sicherlieh alle Menschen brennend interessiert,
lautet: ,,Gibt es ein ewiges Leben nach dem Tod, Paradies
und Hölle?"

GOTT: Was für eine dumme Frage! Glaubst du allen Ernstes, dass
ich dir diese Frage beantworten werde? Denn würde ich mit "nein" 
antworten, dann müßten ja alle Menschen verzweifeln, und meine
braven Diener - die Geistlichen der verschiedenen Religionen -
ihren Job an die Wand hängen. Ein "Ja" hätte aber noch schlimmere
Folgen. Denn die Gewißheit auf ein Jenseits würde dazu führen,
daß keiner von euch mehr am Leben interessiert wäre, mit ungeahnten
Folgen für alle Erdenwürmer.

ICH: Eine sehr enttäuschende Antwort, doch ich muss sie wohl
akzeptieren.
Meine zweite Frage lautet daher: Welche der drei monotheistischen
Religionen ist für Dich der einzig wahre Glaube?

GOTT: Wieder eine unglaublich dumme Frage. Gab ich euch
nicht den Verstand, um diesen auch zu benützen?
Einer der wenigen Menschen, der meine Intentionen begriff, war
der Schriftsteller Gotthold Ephraim Lessing, der mit seiner Ringparabel
eine treffende Antwort auf diese Frage gab.
Lies "Nathan der Weise" und stelle mir gefälligst intelligentere
Fragen, du vergeudest nur meine Zeit.
(Jetzt durchzuckten gewaltige rote Blitze den tiefblauen Himmel,
und ein heftiger Windstoß fegte mich fast von der Bergspitze fort)

ICH: Entschuldige, ich will das gerne nachholen und komme jetzt
zur letzten Frage.
Meine dritte Frage, lieber Gott lautet: Seit jeher gibt es so viel
Leid, Ungerechtigkeit und Bosheit auf dieser Welt. Wie konntest Du
die Massenmorde von Hitler und Stalin zulassen?
Warum sterben Millionen Kinder in aller Welt an Unterernährung
und Krankheiten? Wieso stürzen Flugzeuge ab? Warum gestattest
Du Kriege? Weswegen denkst Du Dir die grausamsten Krankheiten
und Todesarten aus? Warum werden die Bösen belohnt und
die Guten scheinbar bestraft? Wieso verhinderst Du nicht
Selbstmordanschläge auf Unschuldige?
Gibt es keine Gerechtigkeit auf dieser Welt? Ist das alles Dein Werk?

GOTT: Endlich eine vernünftige Frage. Hier will ich dir ein
wenig ausführlicher antworten:
Erinnere dich an Adam and Eva und das Paradies. Dort gab es
weder Gut noch Böse, keine Fragen und Antworten weder Belohnung
noch Strafe, kein Altern und keinen Tod, keinen Haß und kei-   
ne Liebe, dort gab es nur ein Alles und Nichts. Alles im Paradies war
ewig gleichförmig, und grau in Grau das Nichts. Denn selbst die Farben,
die heute eure Sinne so erfreuen, waren an diesem Ort unbekannt.

Glaube ja nicht, daß die Rückkehr in ein solches Paradies erstrebenswert
wäre. An solch einem 0rt würdet ihr nur verzweifeln.
Als Eva auf Anraten der Schlange vom Baum der Erkenntnis den
Apfel pflückte and verzehrte, konnte ich - da mir die zukünftigen
Konsequenzen ihrer Tat bekannt waren - menschliche Wesen an
diesem Ort nicht mehr halten.
Aus Mitleid vertrieb ich daher Adam und Eva aus dem vermeintlichen
Paradies in eine scheinbar wenig perfekte Welt, doch glaube mir, es war
zu ihrem Guten.
Auf Erden galten ab diesem Augenblick neue Spielregeln. Denn,
um denkende Wesen eine für sie passende Welt zu geben, musste ich
das Prinzip der Dualitäten erfinden. Einzig Dualitäten machen das
bewusste menschliche Leben lebenswert. Ab sofort gab es Gut und
Böse, Licht und Schatten, schwarz und weiß, groß und klein, dick
und dünn, Geburt und Tod, Gesundheit und Krankheiten, Leid und
Glück, Dummheit und Weisheit, liberale Menschen und Fundamen-   
talisten, friedfertige und kriegerische Lebewesen und vieles mehr. 
  
Ich gab euch aber auch neben dem Gebot der Nächstenliebe den 
freien Willen und den Verstand, um ihn zu benützen. Ab jetzt konnte
jeder Mensch, ganz für sich alleine zwischen Gut und Böse entscheiden.
Die Erbsünde gab ich euch aber nie. Denn bei seiner
Geburt ist jeder Mensch rein und unschuldig. 
Um diese Welt aber nicht nachträglich zu zerstören, kann ich 
meine eigenen Prinzipien nicht mehr aufheben. Denn ohne Licht   
kein Schatten, ohne Leid kein Glück und ohne böse kein gut. 
Wären sämtliche Menschen nur gut, dann würden alle meine 
ethischen Verhaltensregeln unnütz sein. Gäbe es keinen Tod mehr,
dann müßten - um eine Überbevölkerung der Erde zu verhindern -
auch die Geburten abgeschafft werden.
Das sind die Dualitäten von denen ich spreche.
 
Auch wenn ich alles Leid dieser Welt kenne und mit jedem einzelnen
von euch mitleide: Ich darf - zu euerem eigenen Besten -
nicht mehr aktiv eingreifen, denn dann würde ich all die von mir
erlassenen Gesetze außer Kraft setzen. Das schmerzt mich sehr,
doch das ist eine unabänderliche Notwendigkeit.
Doch mein erzwungenes Nichteingreifen bedeutet nicht, daß ich
wegblicke. Ich beobachte und registriere, ich übersehe nichts und
vergesse ebensowenig. Nichts, was auf Erden geschieht bleibt ohne
Konsequenz.
Frage daher nach menschlich verursachten Katastrophen nicht:
Wo war hier Gott? Frage viel mehr: Wo ist der Mensch geblieben?
Das ist meine Antwort auf deine letzte Frage, jetzt gehe von dannen
und überliefere deinen Mitmenschen all diese Worte.


Nun bebte die Erde, dunkle, bedrohliche Wolkenfetzen jagten über den
zerklüfteten Berggipfel des Mosesberges, und gräßliche Blitze, gefolgt
von lautem Donner beendeten meine Audienz bei Gott.
Gerädert und erschüttert machte ich mich auf den Weg, um all 
das Vernommene - wie ich es Gott versprochen habe - nach bestem
Wissen und Gewissen niederzuschreiben. 
 
Soweit Herr Dr. Much.
-----------------------


Das leidige Theodizee-Problem, das im extremsten Fall zum Atheismus führen muss - optimistisch etwas abgemildert zumindest zum Agnostizismus -, wird hier auf phantasievolle Weise beleuchtet; vielleicht ist es auch sarkastisch gemeint, ich weiß es nicht. Das Motiv für Dr. Muchs Zeilen zu wissen - ohne sich in Spekulationen zu verlieren -, wäre allemal interessant.
Dass diese
Be-leuchtung aber gar nicht zur Er-leuchtung führen kann ist im Prinzip des Deus Absconditus (Verborgener und in alle denkbare Zukunft verborgen bleibender Gott) ausreichend begründet. Womit jede beliebige Theodizee zu etwas Sinnlosem mutiert bezw. a priori schon ist. Quasi eine theologische Spielerei mit unklarer Absicht und garantierter Erfolgslosigkeit.

Eigentlich schade, nicht wahr?

Noch zum erwähnten Dualismus von gut und böse: Das Leben auf der Erde trennt ganz offensichtlich nicht in die menschlichen Begriffe "Gut" und "Böse".
Es bleibt somit jedem Menschen im Rahmen seiner postulierten Willensfreiheit überlassen, wie er sich in dem großen Aktions- und Empfindungsfeld zwischen "absolut gut" und "absolut böse" einordnet. Wobei leider das, was allgemein momentan als "menschlich gut" empfunden wird, langzeitlich für den Planeten Erde samt seiner Bewohner durchaus schlecht bis sehr schlecht sein kann.
Siehe Karfreitag 2009 .


----------------------------------------------------------------------------------


Anhang: Kurzfassung aus Wikipedia des obigen Theodizee-Problem-Links.

Theodizee [teodiȦeÐ] (von altgriechisch ¸µÌ theós Gott und ´¯º· dík Gerechtigkeit) heißt Gerechtigkeit Gottes oder Rechtfertigung Gottes. Gemeint sind verschiedene Antwortversuche auf die Frage, wie das Leiden in der Welt vor dem Hintergrund zu erklären sei, dass Gott einerseits allmächtig, andererseits gut sei. Konkret geht es um die Frage, warum Gott das Leiden zulässt, wenn er doch die Omnipotenz (Allmacht) und den Willen (Güte) besitzen müsste, das Leiden zu verhindern. Der Begriff Theodizee geht auf den Philosophen und frühen Aufklärer Gottfried Wilhelm Leibniz zurück.[1]

Der Hinweis auf das Leid als religiöse oder religionskritische Frage ist bereits in Kulturen der Antike, z. B. im alten China, in Indien, Iran, Sumer, Babylonien, Ägypten und Israel zu finden. Ein bekanntes Beispiel aus dem Alten Testament ist das Buch Hiob. Skeptische Philosophen der griechischen Antike argumentierten, dass Gott (wenn er existierte) in der Tat Übel verhindern müsste, und führten teils weitere Argumente zugunsten eines Agnostizismus oder Atheismus an.

Die Frage nach der Rechtfertigung Gottes stellte sich für viele religiöse Menschen in besonderer Weise nach den Schrecken des Holocaust (vgl. auch Theologie nach Auschwitz).

Der ganze Wiki-Artikel: hier anklicken.

------------------------------------------------------------------------

 

Rudolf Fiala
 Hauptseite
nach oben