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Laienspiritualität: Egal was, wie und wem Sie für Ihre Spiritualität glauben - oder auch nicht -, Sie könnten es in eigener Verantwortung und Überzeugung tun.
Beim teilweisen oder ganzen "In-die-Hand-nehmen" Ihres Glaubens mögen Ihnen meine Abhandlungen und Linkangaben helfen.


Bröckelt die Abendmahlsmauer endlich zwischen A.B. und H.B. in Österreich?
Ein Hoffnungsschimmer bei einem Lutherischen Gottesdienst in Wien.

Dazu passend:

"Glaube dich frei" Pfingstsonntagpredigt Wien 1:
hier anklicken
"Der Geist Gottes in uns" Pfingstsonntagspredigt Wien 23: hier anklicken
Direkt hier zu diesen Textauszügen: hier anklicken

© Rudolf Fiala, 22.5., 28.5.2012.  checked 17.08.2022
Wichtiger Nachtrag 12.1.2014 hier anklicken

Vorwort: eigentlich könnten mir als Mitglied der Reformierten Kirche H.B. unterschiedliche Bräuche oder Ekklesiologien völlig egal sein.
Aber: Ich bin Lutherisch A.B.getauft und bin erst bei meiner Hochzeit in die Kirche meiner Gattin, in der auch ihr Vater als Kurator tätig war und damals jahrzehntelang sehr charismatische Pfarrerpersönlichkeiten predigten, umgetreten.
Ein Konfirmationsversprechen gegenüber der Lutherischen Kirche habe ich durch den Umtritt nicht gebrochen, weil mir meine Eltern wegen eines in der Nachkriegs-Mittelschule 1956 sehr seltsam agierenden Religionsprofessors mit slawischem Namen, der besonders gegen - expressis verbis - einen "blonden Blauäugigen" (damals Klassensprecher) samt fiktiver Schuldzuordnung als "... künftiger Verbrecher, was er ihm ansehen könne und den er  im Auge behalten werde...", die Konfirmation verweigerten; durchaus verständlich, denke ich.



Die diversen Streitigkeiten über die Abendmahls-Theologie zwischen Calvinisten (H.B. in Österreich), Lutheranern, Gnesiolutheranern und anderen beruhen letzten Endes auf dem Unterschied zwischen einem Wein und Brot betreffenden "Das ist Christus" (luth.) und "Das bedeutet die Erinnerung an Christus" (calv.), also auf dem Unterschied zwischen Realpräsenz-Feier gegen Erinnerungsfeier.
Nicht einmal die Reformatoren im gleichen Haus, nämlich Luther und Melanchton waren sich hier einig, siehe
Zweiten Abendmahlsstreit!

Eine der Ursachen ist im nicht synoptischen - nicht mit den anderen drei Evangelien gegenprüfbaren - Evangelium nach Johannes (die Wissenschaft vermutet mehrere Autoren) zu finden:


Joh 6/47-58

47Wahrlich, wahrlich ich sage euch: Wer an mich glaubt, der hat das ewige Leben. {Johannes.3,16} 48Ich bin das Brot des Lebens. {Johannes.6,35} 49Eure Väter haben Manna gegessen in der Wüste und sind gestorben. {1 Korinther.10,3}50Dies ist das Brot, das vom Himmel kommt, auf daß, wer davon isset, nicht sterbe. 51Ich bin das lebendige Brot, vom Himmel gekommen. Wer von diesem Brot essen wird, der wird leben in Ewigkeit. Und das Brot, daß ich geben werde, ist mein Fleisch, welches ich geben werde für das Leben der Welt. 52Da zankten die Juden untereinander und sprachen: Wie kann dieser uns sein Fleisch zu essen geben? 53Jesus sprach zu ihnen: Wahrlich, wahrlich ich sage euch: Werdet ihr nicht essen das Fleisch des Menschensohnes und trinken sein Blut, so habt ihr kein Leben in euch. 54Wer mein Fleisch isset und trinket mein Blut, der hat das ewige Leben, und ich werde ihn am Jüngsten Tage auferwecken. {Matthäus.26,26}  55Denn mein Fleisch ist die rechte Speise, und mein Blut ist der rechte Trank. 56Wer mein Fleisch isset und trinket mein Blut, der bleibt in mir und ich in ihm. {Johannes.15,4}  {1 Johannes.3,24}. 57Wie mich gesandt hat der lebendige Vater und ich lebe um des Vaters willen, also, wer mich isset, der wird auch leben um meinetwillen. 58Dies ist das Brot, das vom Himmel gekommen ist; nicht, wie eure Väter haben Manna gegessen und sind gestorben: wer dies Brot isset, der wird leben in Ewigkeit.

Diese Verse 
und die in ihnen verlangte Erfüllung bestimmter Vorschriften widersprechen jedem Gedanken einer Göttlichen Gnade und Gerechtigkeit! Es wird damit ein einziger strikter Weg angeboten, ohne den die Nähe Gottes als nicht erreichbar unterstellt wird.
Eine von Christus unabhängige Gnade eines zwar verborgenen, unerkennbaren, aber ehrenhaften Gottes wäre damit auf alle Ewigkeit bestritten.

Von unserem Blickwinkel der Protestantischen Freiheit ist derart Rigides nur mehr als "Geschichten aus der Zeit" zu sehen, das aber in geschichtsverhafteten, auch evangelikalen Kreisen als "bibelbefohlen" noch immer streng eingehalten wird.

Beim (früheren) Markus klingt das ganz einfach, ohne oktruiertem "Sendungsbewusstsein":

22 Und indem sie aßen, nahm Jesus das Brot, dankte und brach's und gab's ihnen und sprach: Nehmet, esset; das ist mein Leib. (1. Korinther 11.23-25) 23 Und nahm den Kelch, dankte und gab ihnen den; und sie tranken alle daraus. 24 Und er sprach zu ihnen: Das ist mein Blut des neuen Testamentes, das für viele vergossen wird.


Und worauf beruht jetzt die Hoffnung auf die bröckelnde Trennmauer? Eine Trennmauer, die einen dem Reformierten Gedankengut Nahestehenden prinzipiell von einem Lutherischen oder Katholischen Abendmahl abhält?

Bei einem Lutherischen Gottesdienst am 13.5.2012 hörte ich sinngemäß folgernde Einsetzungsworte:
» [...]  der Wein, der die Erinnerung an mein Blut [...]«
(Hoffentlich -fast sicher - habe ich mich nicht verhört, die Verifizierung ist dank einer offensichtlich "verstopften" Email-Leitung oder anderer Hemmfaktoren noch immer nicht durchführbar. Leider ... , und letztendlich traurig!)

Möglicherweise wird "die Erinnerung" schon länger gesagt - oder nur ganz selten -, mein Kirchenbesuch und besonders das Verbleiben zum Abendmahl ist aber dort eher sporadisch. Mit dieser Form der Einsetzungsworte hat für mich als Reformierter die Abendmahlsfeier in dieser Kirche eine neue Qualität erhalten, die ekklesiologische Trennmauer ist gefallen! Sofern diese Formulierung einen Dauerzustand darstellt, der allerdings am Pfingstsonntag nicht erkennbar war; schade!

Und das noch immer vorhandene Minimäuerchen zwischen den Liturgien hat ("hätte" nach Pfingstsonntag) kaum eine emotionale Bedeutung. Zumindest für mich ... Der Beteiligung am lutherischen Abendmahl stünde nichts mehr entgegen. Das Minimäuerchen ist ohnedies nur mehr eine Beeteinfassung, wenn ich bedenke, dass der österr. Luther. Bischof öffentlich sagte, dass ihm die Reformierte Liturgie eigentlich lieber sei. Vermutlich meinte er das Fehlen katholizistischer Ritualteile mit dem Pfarrer als Solosänger und antwortender Gemeinde; vielleicht auch die manchmal gesprochenen Fürbitten, kann sein. Andere wesentliche Unterschiede gibt es ja eigentlich nicht.
Soweit die Theorie. Zu der noch nachzutragen ist, dass andere Lutherische Kirchen ebenfalls schon den Pfad vom Blut/Wein weg gegangen sind und gehen. Beispielsweise beim Austeilen des Abendmahls in einer anderen reformationsfreudigen Kirche: "Nimm und trink vom Kelch der Gemeinschaft"
Nachtrag 12.1.2014; Altjahresabend-Abendmahl Wiener Stadtkirche A.B. am 31.12.2013, Pfarrerin Ines Knoll zu mir als Nichtmitglied ihrer Gemeinde:
"Nimm den Kelch des Glaubens" Nun, DAMIT kann ich als Reformierter H.B. gut leben - sehr gut sogar!

A
ber ich - nur für mich - sehe das Abendmahlsgeschehen auch aus einem ganz anderen Blickwinkel:
Ich behaupte, dass es einem Gnädigen Gott ("Freund Gott": Worte von Kardinal Schönborn am 13.5.12!) völlig egal ist, ob ein Mensch an dem Ritual "Abendmahl" teilnimmt oder nicht.
Gott -auch in der Trinität - wird einen Menschen sicher nicht verdammen, nur weil er es nicht für notwendig hält, Brot und Wein als symbolische Inkorporation aufzunehmen.
In einem liebevollen Händedruck oder Ähnlichem kann durchaus eine gewisse Gottesnähe empfindbar sein, denn: "
... wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich mitten unter ihnen." (Matthäus 28.20)
Müsste man allerdings nach der Erfahrung auf "... da könnte ich mitten unter ihnen sein..." abändern. Viel zu viel empathisch oder deutlich körpersprachlich erkennbar liebeloses, pflichtgetreues Händeschütteln etc. bei entsprechenden Gelegenheiten, wie nach dem Gottesdienst... Wenn das immer wieder erkennbar wird, hilft gegen Frust nur mehr das Verlassen der vielleicht liebgewordenen Gewohnheit. Ein resignatives "Pfeif drauf".

Ich möchte mit Nachdruck betonen, dass es sich bei der Teilnahme am Gruppen-Abendmahl um eine absolut private Glaubensentscheidung jedes Menschen handelt! Wenn das Geschehen sein Wohlbefinden fördert, ihm Freude macht oder für ihn sogar das "Non plus ultra" der gläubigen Empfindung und auch des Gemeindelebens darstellt wäre es schlicht dumm, daran nicht teilzunehmen.
Ja, es scheinen mir mehr Menschen an den Gottesdiensten mit Abendmahl - erkennbar in gedruckten Vorankündigungen, auch im Internet - als ohne Abendmahl teilzunehmen. Sie werden ihre Gründe haben...
Nur erkennbar in Kirchen, in denen es nicht ohnedies immer Abendmahl gibt.
Ein psychotherapeutischer Effekt des Abendmahls ist kaum bestreitbar - und das ist gut so. Unbestreitbar auch der Kollekte förderlich, keine Frage.
- - - - o o o o - - - -

Vielleicht werden sich einige meiner Leser fragen, woher ich das Recht - oder die Kraft - nehme, derartige Abhandlungen zu verfassen? In Übereinstimmung mit Dorothea Sölles "Die Wahrheit ist den Menschen zuzumuten!"?

Ist es vielleicht
Phil 2, 13-15 ? »Denn Gott ist es, der in euch das Wollen und das Vollbringen bewirkt, noch über euren guten Willen hinaus.«?

Mal abgesehen von der Evangelischen Freiheit, die zu dem Schluss kommen muss, dass sich Gott auch nicht von irgendwelchen "Würdenträgern" vorschreiben lässt, wie er dem kath. Lehramt oder protestantischen Bräuchen zu entsprechen habe, hier einige Antworten:

Die evangelische Berechtigung:
4. Glaubensfreiheit: Bischofsworte, Priesterworte, Denkerworte, 18.6.2008  Wo und wann in der langen Kirchengeschichte hat ein Gott uns unsere Eigenverantwortlichkeit genommen? Wo und wann in der Kirchengeschichte hat ein Gott jemandem Anderen ausdrücklich und unwiderruflich die Verantwortung für unsere eigene Glaubensempfindung übertragen?

49. Ein kleiner Satz entlarvt die Unnotwendigkeiten jedes traditionellen Fundamentalismus

29. Calvins drei einfache Wort, aber Millionen spekulativer, unbestätigbarer Buchseiten, 15.10.09

22. Du, ich, wir Alle: Berufen und fähig zum "Allgemeinen Priestertum", 21.7.2009 
Nach reformierter protestantischer Lehrmeinung für alle Menschen gegeben!
Als Quelle mit einer Abhandlung von Herrn Prof. Kurt Lüthi, emeritierter langjähriger Ordinarius in Wien.

Etc. etc.

Die ethische Berechtigung:
Immanuel Kant: „Der gestirnte Himmel über mir und das moralische Gesetz in mir” 
Was freilich beinhaltet: Nichts mehr dazwischen, keine Institutionen, keine "Authoritäten" etc.

„Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen.
Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern in der Entschließung und des Mutes liegt.”

Jean-Jacques Rousseau über das Gewissen:
O du göttlicher Instinkt, ewige und himmlische Stimme,
du zuverlässiger Führer eines zwar unwissenden und beschränkten, aber intelligenten und freien Wesens,
du unfehlbarer Richter über Gut und Böse, der du dem Menschen Gottähnlichkeit verleihst!


Die Kraft:
Fragment 3: Inspiration und die Illusion der Willensfreiheit 25.9.2010
Handlungsloses Inspiriertsein: Welche Verschwendung!

18. A) Inspiration, Lebensqualität und Lebensfreude; B) Trinitätsfrage, 12.5.2009

45. „Das Leben übersteigt unendlich alle Theorien, die man im Bezug auf das Leben zu bilden vermag“, 20.6.2010
wie Boris Pasternak so trefflich schrieb und im österr. religiösem TV am 6.6.2010 zitiert wurde.
Nachtrag 12.7.2010: Die erst jetzt entdeckten Ähnlichkeiten mit der 900 Jahre alten Philosophie Anselm von Canterbury's ist zwingend.

 

Weiterführend:
36. Das Evangelium nach Johannes 6. : Biblische Anweisung oder Märchen? 26.2.2010
Die Wahrheit wesentlicher Teile des Evangeliums nach Johannes kann man mit gutem Gewissen bezweifeln.
Die gerne geübte Praxis Bibelgeschichten als "Tendenz aus der Zeit" zu entschuldigen,
ist bei diesem Evangelium eigentlich kaum möglich.



In fünf Tagen ist Pfingstsonntag: Ob sich dann irgend etwas Positives ereignen wird?
Oder am verseuchten "Plastikplaneten" für eine bessere Zukunft beginnen wird?
Einem Planeten mit in Zukunft durchrostenden Plutoniumbomben, absaufenden
Atomkraftwerken und sonstigen Langzeit-Schädlingen.
Wie eben Plutonium 239 mit einer Halbwertszeit von 24.110 Jahre.


Nun, jetzt  schon nach Pfingsten:

Etwas tatsächlich Positives am Pfingstsonntag:

"Glaube dich frei" Pfingstsonntagpredigt von Pfarrerin Ines Knoll in Wien 1:

  1
PREDIGT ÜBER 1. KORINTHER 2,12-16 – PFINGSTSONNTAG, 27. MAI 2012 
 
 
 
DAS PREDIGTWORT
 
Wir aber haben nicht empfangen den Geist der Welt, sondern den Geist aus Gott, dass wir
wissen können, was uns von Gott geschenkt ist. Und davon reden wir auch nicht mit Worten,
wie sie menschliche Weisheit lehren kann, sondern mit Worten, die der Geist lehrt, und
deuten geistliche Dinge für geistliche Menschen. Der natürliche Mensch aber vernimmt nichts
vom Geist Gottes; es ist ihm eine Torheit und er kann es nicht erkennen; denn es muss
geistlich beurteilt werden. Der geistliche Mensch aber beurteilt alles und wird doch selber
von niemandem beurteilt. Denn »wer hat des Herrn Sinn erkannt, oder wer will ihn
unterweisen«? (Jesaja 40,13) Wir aber haben Christi Sinn.
 
 
  DIE PREDIGT
 
Glaube Dich frei!
Das ruft der Geist Gottes uns zu 
durch alle Lande, 
und er meint Dich und er meint mich 
und er oder sie meint die Kirche und meint jede Kirche 
und jeden Menschen 
und sie meint Mann und sie meint Frau
und Kind und Tier und Pflanze. 
Und der Heilige Geist ruft ins Leben, 
oder sie weht Dich an,
 
ach die Welt ist der Wunder voll 
und Du bist gewusst von ewig
und alle Mauern sind schon übersprungen im Fest, das wir begehen heute.
 
Und ich stehe an der U-bahn, da will man uns das Warten verkürzen und ich habe
ein großes Glück, denn ich lese an der Filmwand den Satz: „Das Normale ist das
Gefährliche“. Wie wir uns einkasteln und zwängen in die Figuren, die ein Wahnsinn
diktiert, Haben, Sein-müssen und Gelten-vor-der-Welt. Das Normale hetzt und führt
in die Angst und den Krieg und trennt uns ab vom Leben. 
 
Misstraue dem Zwang und jedwedem Gebaren menschlicher Macht – 
sei sie auch noch so klein, sei sie groß!
 
Glaube Dich frei!
Das ruft der Geist Gottes uns zu 
durch alle Lande, 
und er meint Dich und er meint mich.
 
„Wir aber haben nicht empfangen den Geist der Welt, sondern den Geist aus Gott“.
 
  2
Und ein Juhu ist mir schon in der Seele, denn ich weiß so wunderbar, dass wir nicht
genügen – nicht genügen müssen. Und die Wahrheit über unserem Leben muss uns
auch nicht einfallen. Wir müssen uns nicht erfinden und die Formel der Welt ist nicht
durch uns. 
 
O nein, die Wahrheit kommt über uns wie von ewig, 
wie die Welt uns wurde und ihren Bestand hat in eines anderen Hand – 
ein Flammentanz über Deinem Denken, über Deinem Glauben sagt Dich neu. 
O mein Gott, dass Du so überfließen kannst und dass solch ein Über-Mut, unendlich
mehr Mut kommt von Dir, sollen wir Kirchen sehen und es nehmen als das Urbild von
Kirche: Ecclesia. Du rufst uns heraus aus unsren Geschäften. Ach, wie Du uns liebst.
Nie sollen wir alleine sein. Ein Tröster ist in dieser Welt. Und wir dürfen es hören
heute endlich wieder: Die Botschaft von der ersten Gemeinde!
 
„Und als der Pfingsttag gekommen war, waren sie alle an einem Ort beieinander. 
Und es geschah plötzlich ein Brausen vom Himmel wie von einem gewaltigen Wind
und erfüllte das ganze Haus, in dem sie saßen. Und es erschienen ihnen Zungen,
zerteilt wie von Feuer; UND ER SETZTE SICH AUF EINEN JEDEN VON IHNEN, und sie wurden
alle erfüllt von dem Heiligen Geist und fingen an zu predigen in andern Sprachen, wie
der Geist ihnen gab auszusprechen.“
 
O mein Gott, Geist, Geistin, Ruach, zarter Hauch und Wind und Sturm, Feuerflamme
und Begeisterung in uns, Esprit, Spiritus vivendi! Das ist die Kirche, wo dies
geschieht und wir alle ins Wesen kommen, zu Dir als zu uns selbst. 
Du Glück Deiner Herde auf der Erde und in mir.
 
Ja, hier ist das Urbild der Kirche in Szene gesetzt. Es kommt von oben und es kommt
nicht aus Sitzungen und Verlautbarungen. Und es heißt in der Pfingstgeschichte auch
nicht: werdet eine evangelische Kirche oder eine katholische oder eine orthodoxe.
Eine Konfession macht hier allein Sinn, wenn sie sich bekennt zu Gott, dem Schöpfer
aller Dinge, Menschgewordener, der hier und jetzt und ewig wirkt in der Kraft des
Heiligens Geistes. Werdet nicht solche, die nach menschlichem Maßstab ein Recht
behaupten. Pfingsten verkündet ein ganz Anderes: es verkündet das Band der Liebe,
das uns bleibt im Heiligen Geist. 
 
Gottes-Geist, heiliger Geist, ist in uns allen. In jedem, in jeder – wer könnte uns das
absprechen? Gottes Geist ist selbst dort, wo ich ihn nicht vermute. Wo immer er
weht und wahrgenommen wird, verbindet er die Menschen wie damals, als Parter
und Meder, Leute aus Mesopotamien, aus Ägypten, aus Judäa und Asien,
Römerinnen und Juden, Kreter und Araberinnen einander in ihrer Muttersprache
hörten und verstanden. Das ist der Auftrag an die Kirche, das ist die wunderbare
Pflicht, in die wir genommen sind: einander hören und verstehen und das leben, wie
es ja dann heißt: „Sie blieben aber beständig in der Lehre der Apostel und in der
Gemeinschaft und im Brotbrechen und im Gebet.“
 
Der Heilige Geist führt uns über uns hinaus in die Seele der Dinge und alles kommt
zum Wesen:
 
  3
Die Seele der Dinge
lässt mich ahnen
die Eigenheiten
unendlicher Welten
 
Beklommen
such ich das Antlitz
eines jeden Dinges
und finde in jedem
ein Mysterium
 
Geheimnisse reden zu mir
eine lebendige Sprache
Ich höre das Herz des Himmels
pochen
in meinem Herzen
 
Rose Ausländer
 
„Wir aber haben nicht empfangen den Geist der Welt, sondern den Geist aus Gott
dass wir wissen können, was uns von Gott geschenkt ist. Und davon reden wir auch
nicht mit Worten, wie sie menschliche Weisheit lehren kann, sondern mit Worten, die
der Geist lehrt, und deuten geistliche Dinge für geistliche Menschen.“ 
Was für ein schönes Geheimnis Du doch bist! Mensch! 
Wer Du doch sein könntest! 
Wer Du schon bist in dem, der Dich erfunden hat – und wieder gefunden hat in
seinem Sohn!
Die Liebe Gottes setzt Dich frei – wie nie noch!
 
Wundern Sie sich nun bitte nicht, wenn ich nun eine Ballade einspiele von der Liebe,
aber als ich es hörte, dieses „if you love someone, so follow your heart…“ Da musste
ich an die Kirche denken und an den Streit der Kirchen und dass die einzig Lösung
über allem Streit die Liebe ist, die uns frei macht: Love will set you free! (Einspielung
des Liedes)
 
Gottes Geist durchweht die Bilder und die verzerrten Gesten –
und sein Geheimnis redet zu Dir eine lebendige Sprache –
und es erzählt Dir von der Wahrheit hinter der Wirklichkeit –
und spricht zu Dir, weil er Dich je und je geliebt hat:
Mensch, Welt, Leben!
 
Und weil er Dir ein neues Herz schenken will:
 
Und eine katholische Seite im World Wide Web zitiert ein Gedicht von Dorothee Sölle:
 
„Schaffe in mir Gott ein neues Herz 
das alte gehorcht der Gewohnheit
schaff mir neue Augen
die alten sind behext vom Erfolg 
  4
schaff mir neue Ohren
die alten registrieren nur Unglück 
und eine neue Liebe zu den Bäumen 
statt der voller Trauer
eine neue Zunge gib mir
statt der von der Angst geknebelten 
eine neue Sprache gib mir
statt der gewaltverseuchten
die ich gut beherrsche
mein Herz erstickt an der Ohnmacht
aller die deine Fremdlinge lieben
schaffe in mir Gott ein neues Herz
und gib mir einen neuen gewissen Geist 
dass ich dich loben kann
ohne zu lügen
mit Tränen in den Augen
wenns denn sein muss
aber ohne zu lügen“
 
Glaube Dich frei!
Das ruft der Geist Gottes uns zu 
durch alle Lande, 
und er meint Dich und er meint mich.
 
Ein frohes und gesegnetes Pfingstfest wünsche ich Dir!
Only love can set you free!
 
+ Amen.
 
 
Daraus nochmals darauf hingewiesen:
 „..
Glaube Dich frei! Das ruft der Geist Gottes uns zu durch alle Lande, 
und er meint Dich und er meint mich, [...] und meint jede Kirche und jeden Menschen [...].  Und der Heilige Geist ruft ins Leben, [...]
- - - - - - - - -- - - - - - - - - - -  -

Weiters:
 

„Der Geist Gottes in uns“ – Predigt am Pfingstsonntag, - von Pfarrerin Gabriele Lang-Czedik in Wien 23

Daraus:
  • Du bist ein Kind Gottes, mit allem, was Dich ausmacht - und ich auch.
  • Du darfst leben und Dich entfalten – und ich auch.
  • Du machst Fehler, weil Du ein Mensch bist – und ich auch.
  • Wir können uns anlachen im Glauben, weil wir Geschwister sind.
  • Wir können uns gegenseitig helfen und uns helfen lassen, weil wir kein Image zu bewahren oder zu verlieren haben.
  • Wir können auf andere draußen zugehen, weil wir wissen: Auch sie sind Kinder Gottes, auch sie sind auf der Suche, oft unsicher, voller Sehnsucht nach Sinn und nach Menschen, die sie annehmen.
  • Wir können auf sie zugehen und in ihrer Sprache reden, weil wir sie und uns selber annehmen.

Pfingstliche Kirche ist nicht der Raum der Perfekten, sondern Kirche ist von Pfingsten an
eine offene Gemeinschaft von Menschen, die aus dem Geist der Liebe leben,
wie sie ihn bei Jesus von Nazareth kennen gelernt haben.
Und von Anfang an haben sie gewusst: Dieser Geist Gottes drängt uns, auf andere zuzugehen und ihn weiterzugeben. Und das tut dieser stürmische Geist Gottes auch heute noch.

  • In uns lebt er als wärmende Liebe,
  • Aus uns will er heraus leuchten hin zu anderen Menschen.
  • Mit uns will er die Welt bewegen, sodass sie immer mehr zur Welt Gottes wird – in Fairness, Liebe und Lebendigkeit!
Die Konklusio aus einer anderen Predigt:

[...] und es ist für uns heutige Christen und Christinnen auch nicht in erster Linie das Jenseits.

Sondern die größere Herrlichkeit, die uns trägt, ist

  • ein tiefes Ankommen in unserem eigenen Leben…
  • ein inneres Wissen, dass Gott jetzt und für immer in mir ist und meinem Leben Sinn verleiht.
  • ein Spüren, dass ich leben darf und leben soll – mit allem, was mich ausmacht…

Was uns weiterzieht und bewegt, ist das Vertrauen darauf, dass sich das Göttliche in mir entfalten will – immer mehr und immer tiefer. Ich brauche es nur zulassen.

Und ein Staunen darüber, dass sich die Gotteserfahrung oft besonders in den härteren Phasen des Lebens in mir verdichtet und tiefere Wurzeln schlägt.
Denn dann erfahre ich, dass Gottes Gegenwart in mir mich wirklich trägt - nicht das, was ich vorher als lebensnotwendig für mich erachtet habe.



Rudolf Fiala


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