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Laienspiritualität 36:
 Egal was, wie und wem Sie für Ihre Spiritualität glauben - oder auch nicht -, Sie könnten es in eigener Verantwortung und Überzeugung tun.
Beim teilweisen oder ganzen "In-die-Hand-nehmen" Ihres Glaubens mögen Ihnen meine Abhandlungen und Linkangaben helfen.


Evangelium nach Johannes: "Literatur" wie "Faust", "Rotkäppchen" oder "Harry Potter"?

Die Synoptiker Markus, Matthäus und Lukas wären z.B. wegen Joh 6 sehr betroffen gewesen.

© Rudolf Fiala, 26.2.2010, Nachtrag Joh 20, 11.4.2010    rev.9.6.2022

Nun, für die Bezeichnung "Johannes der Märchenonkel" wäre Maßregelung erwartbar.
Wenn, ja wenn die moderne Bibelforschung durch die Besonderheiten des Johannesevangeliums nicht schon lange bewiesen hätte, dass dieses "Evangelium", das chronologisch letzte der offiziellen (kanonischen) Evangelien, keinesfalls den synoptischen (Synopse), also irgendwie ähnlichen, sich gegenseitig bestätigenden Evangelien zuzuzählen ist. Die Zuordnung zu christlichen Weltliteratur ist ja nur eine gnädige Umschreibung für die naheliegende Bezeichung "Märchen". Der Verfasser ist auch kein "Johannes", sondern es ist ein "Redaktionelles Werk" Unbekannter. Daher heißt es auch richtigerweise "Evangelium nach Johannes", siehe Johannesevangelium in Wikipedia 

Haben Sie Interesse am Stöbern in diesem Werk der biblischen Literatur: Johannesevangelium Lutherbibel 1912

Bevor ich mich als Beispiel für meine Behauptung einem bestimmten Teil widme, möchte ich festhalten, dass ich Mitglied der Evangelischen Reformierten Kirche Helvetischen Bekenntnisses (Calvin) bin.
Das ist insoweit von Belang, weil das Reformierte Abendmahl im Unterschied zum katholischen oder lutherischen ausschließlich eine Erinnerungsfeier darstellt, und Brot und Wein nur einen Bedeutungscharakter haben und NICHT Blut und Fleisch Christi sind!
Transsubstantiation und lutherische Konsekration in persona Christi sind somit für Reformierte wie mich völlig bedeutungslos!


Anmerkung 16.4.2011: Vor den jetzt folgenden Zeilen möchte ich jenen mir freundschaftlich verbundenen lutherischen Klerikalen zu bedenken geben, dass sich bezüglich Abendmahlsinterpretation nicht einmal die (Gnesio-) Lutheraner und der große Reformator Philipp Melanchthon einig waren, was zum Zweiten Abendmahlsstreit führte.


Beispiel der Bedenklichkeit aus Johannes 6

Joh 6/47-58

47Wahrlich, wahrlich ich sage euch: Wer an mich glaubt, der hat das ewige Leben. {Johannes.3,16} 48Ich bin das Brot des Lebens. {Johannes.6,35} 49Eure Väter haben Manna gegessen in der Wüste und sind gestorben. {1 Korinther.10,3}50Dies ist das Brot, das vom Himmel kommt, auf daß, wer davon isset, nicht sterbe. 51Ich bin das lebendige Brot, vom Himmel gekommen. Wer von diesem Brot essen wird, der wird leben in Ewigkeit. Und das Brot, daß ich geben werde, ist mein Fleisch, welches ich geben werde für das Leben der Welt. 52Da zankten die Juden untereinander und sprachen: Wie kann dieser uns sein Fleisch zu essen geben? 53Jesus sprach zu ihnen: Wahrlich, wahrlich ich sage euch: Werdet ihr nicht essen das Fleisch des Menschensohnes und trinken sein Blut, so habt ihr kein Leben in euch. 54Wer mein Fleisch isset und trinket mein Blut, der hat das ewige Leben, und ich werde ihn am Jüngsten Tage auferwecken. {Matthäus.26,26}  55Denn mein Fleisch ist die rechte Speise, und mein Blut ist der rechte Trank. 56Wer mein Fleisch isset und trinket mein Blut, der bleibt in mir und ich in ihm. {Johannes.15,4}  {1 Johannes.3,24}. 57Wie mich gesandt hat der lebendige Vater und ich lebe um des Vaters willen, also, wer mich isset, der wird auch leben um meinetwillen. 58Dies ist das Brot, das vom Himmel gekommen ist; nicht, wie eure Väter haben Manna gegessen und sind gestorben: wer dies Brot isset, der wird leben in Ewigkeit.

Es stellt sich hier die Frage - mal ganz abgesehen von der später freudig willkommenen Folge für die christliche römische Transsubstantiation -, ob hier seitens der Verfasser nicht eine Provokation gegen die Juden beabsichtigt war, denen ja "Blutessen" streng verboten ist. Dieser Johannestext ist also simpel nicht koscher.

Weiters widersprechen diese Verse und die in ihnen verlangte Erfüllung bestimmter Vorschriften jedem Gedanken einer Göttlichen Gnade und Gerechtigkeit! Es wird damit ein einziger strikter Weg angeboten, ohne den die Nähe Gottes als nicht erreichbar unterstellt wird. 

Eine von Christus unabhängige Gnade eines zwar verborgenen, unerkennbaren, aber ehrenhaften Gottes wäre damit auf alle Ewigkeit bestritten. 


Die Rechtfertigungslehren, Prädestinationslehren, Lehre der Guten Werke etc. verschiedener Provenienz wären damit a priori als unrichtige Absurditäten gebrandmarkt.
Anders ausgedrückt: Trotz Johannesevangelium gibt es das aber alles. Joh 6. wurde teilweise offensichtlich nicht ernst genommen.

Die Konsequenz ist unerfreulich:

Die Vermutung liegt nahe, dass diese Verse Jesus nur in den Mund gelegt wurden, und nur mehr die Frage offenbleibt, ob es sich dabei um einen Betrugsversuch unbedarfter Autoren oder lügnerischer Manipulatoren im 2. Jahrhundert handelt.
Im zweiten Jahrhundert wurde auch darauf basierend den Christen der eigentlich blödsinnige Vorwurf der Anthropophagie gemacht; kaum überraschend.

Diesen Verdacht wird bestärkt durch:
Beim (früheren) Markus klingt das ganz einfach, ohne oktruiertem "Sendungsbewusstsein":
22 Und indem sie aßen, nahm Jesus das Brot, dankte und brach's und gab's ihnen und sprach: Nehmet, esset; das ist mein Leib. (1. Korinther 11.23-25) 23 Und nahm den Kelch, dankte und gab ihnen den; und sie tranken alle daraus. 24 Und er sprach zu ihnen: Das ist mein Blut des neuen Testamentes, das für viele vergossen wird.

Wenn man diese Blut-Zeilen samt der "Weg-Anweisung" als wahr annehmen würde, wäre zB die Antwort von Papst Benedikt XVI. auf die Frage, wie viele Wege es zu Gott gibt, falsch: »Soviele wie es Menschen gibt«
Die spirituelle Eigenverantwortlichkeit wäre freilich auch sinnlos.
Es würde die Transsubstantiation in der Eucharistiefeier und die Aufnahme des gewandelten Blutes und Leibes Christi ausreichen. Und wenn man lange Messen beobachtet - beispielsweise das Sonntags-Hochamt in großen Kirchen - würde die sofort nach Hostienempfang noch weit vor Gottesdienstende einsetzende Personenabwanderung aus der Kirche ohne nochmaligem Aufsuchens des vorherigen Sitzplatzes die Existenz dieses "Glaubensdetails" bestätigen.

Konklusio:

Die Wahrheit wesentlicher Teile des Evangeliums nach Johannes kann man mit gutem Gewissen bezweifeln.
Die gerne geübte Praxis Bibelgeschichten als "Tendenz aus der Zeit" zu entschuldigen, ist bei diesem Evangelium eigentlich kaum möglich.

Somit ist die Einreihung in den Kanon bedenklich, worüber man mit einem Schulterzucken hinweggehen könnte. Wie über Grimms Märchen.

ABER: Derartiges lieferte und liefert den Gegenbewegungen zum Christentum kräftige Argumente, die Wahrheit des Gesamtwerks des Neuen Testamentes pars pro toto heftigst anzuzweifeln.
Literarische Sippenhaftung ...

Gott hat uns auch die Vernunft verschiedenen Ausmaßes geschenkt und ich halte es für sehr traurig, dass Ihm durch die Behauptung der unabänderlich festgeschriebenen Gottesinspiriertheit der Bibel indirekt unterstellt wird, er halte generell die Bibelleser für vernunftlose, ja geistlose Allesglaubende. Gott tut das ganz sicher nicht, aber so mancher Verfasser religiöser Literatur ohne jeder Verknüpfung zur Großen, Unerkennbaren Wahrheit. Wobei die Bibel wohl eines der Fundamente eines großen, letztendlich sinnlosen Literaturberges über etwas prinzipiell Unerkennbares, eben über den Deus Absconditus darstellt.
Dem leider viel zu viel Ehrloses mit leicht durchschaubaren Absichten unterstellt wird.

Das Dumme mit einer "religiösen Vernunft" - wie übrigens auch mit einer "parteipolitischen" - ist, dass es keine wissenschaftlichen Bewertungsmaßstäbe gibt, also ein "konfessionsfreier religiöser Intelligenzquotient" ein Ding der Unmöglichkeit ist. Leider, mit den Folgen der bequemen Missbrauchbarkeit durch jene, die es verstanden haben und noch immer verstehen sich zielgerichtet zum eigenen Nutzen zu organisieren, unter Ausnutzung der Angst abhängiger, absolutionssüchtiger Menschen.

Johannes 10 ist auch ein bezweifelbares Zitat, das zum Zaubertrick-Geruch der Kreuzigung beiträgt:
17 Darum liebt mich mein Vater, daß ich mein Leben lasse, auf daß ich's wiedernehme. 18 Niemand nimmt es von mir, sondern ich lasse es von mir selber. Ich habe Macht, es zu lassen, und habe Macht, es wiederzunehmen. Solch Gebot habe ich empfangen von meinem Vater. (Johannes 5.26)
Ja, wenn er ohnedies die Macht hat, sich "das Leben wiederzunehmen", da war die Kreuzigung eine bewusst durchgeführte Aktion mit dem Wissen um das "Wiedernehmen", genannt "Auferstehung"!
Eine Show mit zweifelhaftem Charakter ... letztendes ein Beweis für die Sinnlosigkeit der Opferung Jesu.
Und die Opferung des zuletzt "entgöttlichten/enttrintalisierten" Mensch Jesus ist damit ein durch und durch unethischer und verwerflicher Vorgang. Derartiges hätte sich ein "Gott" einfallen und von den diversen Johannes-Autoren dokumentieren lassen? Heutzutage undenkbar.
 
  
 

Rudolf Fiala


Nachtrag 11.4.2010
Noch eine Johannes-Plauderei, die den Aposteln - und ihren Nachfolgern! - die absolute Macht der Sündenerlassung zuordnet - sie quasi zu "Richtern" erhebt - und damit theologisch gar nicht richtig sein kann:

22Und da er das gesagt hatte, blies er sie an und spricht zu ihnen: Nehmet hin den Heiligen Geist! 23Welchen ihr die Sünden erlasset, denen sind sie erlassen; und welchen ihr sie behaltet, denen sind sie behalten.

Müsste wohl eine übermenschlich schwere Bürde sein ...
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