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Laienspiritualität 78: Egal was, wie und wem Sie für Ihre Spiritualität glauben - oder auch nicht -, Sie könnten es in eigener Verantwortung und Überzeugung tun. Wie es auch der "Zwischenruf" von Fr. Pfr. Mag. Ebmer rechtfertigt!
Beim teilweisen oder ganzen "In-die-Hand-nehmen" Ihres Glaubens mögen Ihnen meine Abhandlungen und Linkangaben helfen.


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Bibelkritik aus berufenem Munde:
Originaltitel: "Zwischenruf 28. September 2014: Übersetzung heiliger Schriften"

12.1.15: Traurig aktuell durch leichtfertige, ggf. weiter radikalisierende Solidaritätskundgebungen wie "Je suis Ch...."

© Rudolf Fiala, 6.1.2015     rev.13.6.22





Ziemlich zufällig fand ich im Dezember 2014 den auf einer offiziellen kirchlichen Website gut versteckten
 "Zwischenruf 28.September 2014: Übersetzung heiliger Schriften"
 von Frau Pfarrerin Mag. Gisela Ebmer, welcher mich sogleich faszinierte aber auch erstaunte:

Frau Ebmer bricht mit modernster Religionsethik in die verkrusteten Fundamentalismen ein und erweckt - dank ihrer offiziellen kirchlichen Funktion - die Hoffnung, quasi Sprachrohr für manch andere moderne Theologen zu sein.
Dieser Zwischenruf hebt im Original nichts hervor und verleitet zum schnell Darüberlesen. Was er sich meiner Meinung nach überhaupt nicht verdient hat - und auch nicht seine versteckte Verlinkung auf einer kirchlichen Bildungsseite.
Da die Erfahrung zeigt, dass manche kritische Texte plötzlich verschwinden, habe ich diesen Text hier bei mir gesichert und erlaube mir, mir wichtig Erscheinendes hervorzuheben und ggf. zu kommentieren.
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Der ungekürzte Zwischenruf-Text, Hervorhebungen von mir.
 

" Eine einheitliche, verbindliche Übersetzung des Koran muss her – so ließ es Außen- und Integrationsminister
Sebastian Kurz vor einer Woche verlauten. Damit die Radikalisierung eingedämmt wird. Denn alle können dann
nachlesen, was wirklich im Koran steht und was nicht.

Als evangelische Theologin habe ich Verständnis dafür. Vor 500 Jahren hat Martin Luther die Bibel ins Deutsche
übersetzt, damit die Menschen damals sich selber ein Bild machen konnten und nicht einfach alles glaubten,
was ihnen von Geistlichen, Adeligen und Obrigkeiten erzählt wurde. Sie sollten erkennen, dass die Bibel
ein Buch der Freiheit ist, dass da nichts steht von Ablasszahlungen und Fegefeuer. Vielmehr geht es um einen
barmherzigen Gott und um die Liebe zum Nächsten.

Die Folge davon waren Kriege. Menschen verwendeten die Bibel als Waffe, nahmen einzelne Texte aus
dem Zusammenhang als Rechtfertigung für ihr gewaltsames Vorgehen. Auf der Seite der Unterdrückten und
auf der Seite der Herrschenden.

Viel später, erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts hat der evangelische Theologe Rudolf Bultmann
zur Entmythologisierung der Bibel aufgerufen. Die Bibel ist nicht Gottes Wort, sondern eine bis zu 3000 Jahre
alte Schrift, die uns den Glauben der Menschen damals näher bringt.
Es gibt kein Original der Bibel. Nur mehr handgefertigte Abschriften, die sich bei ein und demselben Text
unterscheiden.

Die sogenannte historisch kritische Exegese und archäologische Funde haben viele Wissenschafter beschäftigt
und tun es noch heute. Wie haben die Menschen damals gelebt? Wer hat wie geherrscht?
Wie war das Verhältnis zwischen Frauen und Männern? Zwischen Armen und Reichen?
Zwischen Sklaven und Freien? Welche kulturellen Einflüsse gab es durch die Seidenstraße und andere
Handelswege? Und was wollten die Leute, die die biblischen Texte damals in diesem Kontext geschrieben
haben, erreichen? Erst wenn wir das alles erforscht haben, können wir überlegen, was von den biblischen
Texten heute noch relevant ist. Als Evangelische orientieren wir uns an dem roten Faden, der sich durch
die Bibel zieht, das ist das Wort Gottes für uns: Seine bedingungslose Liebe zu den Menschen, die Botschaft
vom Frieden, von wirtschaftlicher Gerechtigkeit und der Bewahrung der Schöpfung.

Es gibt ausgezeichnete Koran-Wissenschafter, die schon lange auf ähnliche Art und Weise recherchieren.
Es ist ein spannendes Unterfangen, das unter Muslimen noch wenig Resonanz findet. Eine gute Übersetzung
aber braucht auch erklärende Texte dazu, so wie es in evangelischen Bibelausgaben der Fall ist.
Dennoch: Es gibt keine Norm im Bereich der Religion. Niemandem, der nicht Theologin oder Theologe einer
gesetzlich anerkannten Religionsgemeinschaft ist, ist es verwehrt, die Bibel, die Torah oder den Koran nach
eigenem Gutdünken zu verwenden, Dinge zu verfremden oder dazu zu erfinden. Die einzige Norm sind die
Gesetze unseres Staates, die über dem Recht auf Religionsfreiheit stehen.

Wichtig ist das Gespräch. Innerhalb der einzelnen Religionen und religionsübergreifend. Meine Schülerinnen
im Religionsunterricht sollen wissen, dass Glaube nicht gleich Glaube ist, sie sollen lernen, anderen zuzuhören,
sich auszutauschen über den Sinn des Lebens und so die Vielfalt von Gottes Schöpfung mehr und mehr entdecken.

Wenn Jugendliche in Österreich radikal werden, dann fehlt ihnen wohl das Gespräch. Zuhause mit den Eltern,
in der Schule mit LehrerInnen, die zuhören und Sorgen ernst nehmen, das Gespräch mit Freundinnen,
die Hoffnung geben, Förderung im Schulalltag, sodass sie eine gute Ausbildung bekommen. Einen Beruf finden,
der ihnen Freude macht und Sinn gibt. Eine finanzielle Absicherung und Zukunft in unserem schönen Staat
Österreich. Wer das hat, zieht nicht nach Syrien in den Krieg, träumt nicht als Neonazi vom "guten alten" Führer,
zieht nicht als Anarchist durch die Stadt und verwüstet öffentliche Einrichtungen.
Radikalismus eindämmen kann man nicht durch Normierung von Religion. Das geht nur durch Liebe.
Durch die ununterbrochene Sorge des Staates für das körperliche und seelische Wohl seiner Bürger und
Bürgerinnen."

Ende des also jetzt auch fremd-gesicherten Originaltextes mit Copyright von Frau Mag. Ebmer.

Anmerkung 12.1.15:
Der Text ist traurig aktuell durch die derzeit leichtfertigen, ggf. weiter radikalisierenden Solidaritätskundgebungen wie "Je suis Ch....", die leider auch zeigen, wie schnell sich "Bürger" bis in höchste politische und klerikale Funktionen von gut organisierten "Meinungsbildnern" beeinflussen lassen!
Das ist m.E. eine Form des "gutgemeinten" Radikalismus, der kaum zum Wohle aller in diesem Spannungsfeld lebenden Menschen beitragen wird.
"Gutgemeint" ist leider viel zu oft das Gegenteil von "tatsächlich Positives bewirkend"

Anmerkung 30.1.15: Evangelische Kirche gegen Pegida-Verhetzung hier klicken
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Nochmals zu diesem Textteil:
"Dennoch: Es gibt keine Norm im Bereich der Religion. Niemandem, der nicht Theologin oder Theologe einer
gesetzlich anerkannten Religionsgemeinschaft ist, ist es verwehrt, die Bibel, die Torah oder den Koran nach
eigenem Gutdünken zu verwenden, Dinge zu verfremden oder dazu zu erfinden. Die einzige Norm sind die
Gesetze unseres Staates, die über dem Recht auf Religionsfreiheit stehen." Ende Textteil.

Daraus lässt sich nach der Logik ableiten, dass die für die Nicht-Theologen erwähnte Freiheit nicht für die Theologen von Religionsgemeinschaften gilt, die sich eben an die gegebenen Vorschriften zu halten haben. "Wes Brot ich esse, des Lied ich singe(n muss)"
Gut erkennbar war das seinerzeit im Bereich der Inquisition oder Zwangsmissionierung, deren oft tödlichen Urteile ja nur an tatsächlichen oder erzwungen potentiellen Mitgliedern der r.k. Religionsgemeinschaft vollstreckt wurden.

Allerdings ist dieser Textteil auch ein Freibrief für bibelverliebte Evangelikale - aber auch Sekten -, die sich die Freiheit zu fundamentalistischen Denkweisen nehmen, die zwar das Bewusstsein vermitteln, auf der sicheren - da mit der Bibel oder anderen Schriften dokumentierbaren - Seite zu sein, andererseits aber mit der dadurch fixierten Abhängigkeit dem evangelischen, (lutherischen?) Freiheitsbegriff kaum entsprechen. Müssen sie im Sinne der Religionsfreiheit ja auch nicht.

Für evangelische TheologInnen stellt sich hier die Abhängigkeits- oder aber Freiheitsproblematik doch etwas erfreulicher dar, wie Fr. Pfr. Mag Ebmer bei Begutachtung des Entwurfs anmerkte:

" [...] Dass anerkannte TheologInnen die Schrift nicht nach eigenem Gutdünken auslegen können, hängt nicht zusammen mit ihrer Abhängigkeit von den Kirchen (Religionsgemeinschaften). Ich spreche hier ja als evangelische Theologin, die nie irgendeiner kirchlichen Zensur unterlegen ist und auch nicht das sagen muss, was meine Vorgesetzten hören wollen. Sondern: Als evangelische Theologin, die von der Kirche anerkannt wurde, bin ich der Wissenschaft verpflichtet. Daher bin ich nicht so frei wie irgendwelche Sekten oder Evangelikalen, oder damals eben Kreuzzugs-Anhänger, die aus einem Bibeltext irgendetwas zur Rechtfertigung ihrer eigenen Sichtweise herauslesen.  Ich fühle mich der "historisch-kritischen Exegese" verpflichtet, die ich im Studium gelernt habe und auf Grund derer mich die Kirche anerkannt hat. - So wie ja auch Luther auf der Basis seines Theologiestudiums die röm. kath. Kirche in Frage gestellt hat. Bildung und Wissenschaft sind für Evangelische seit Luther ganz hohe Werte [...] "

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Auf der Hauptseite meiner Abhandlungen steht ziemlich weit unten, auch hierher gut passend:

Falls es einen Gott gibt, hat Er uns auch die Fähigkeit und die Kraft zu eigenen, selbstbestimmten Schlussfolgerungen frei von oktruierten Fremdmeinungen geschenkt! Zur Verwendung bestimmt! (Anmerkung: Dem kommt Frau Ebmer offensichtlich nach!)
Organisierte Kleriker aller Religionen nehmen diese Freiheit im auf der Nadelspitze der Ersten Ursache balanzierenden selbstgeschaffenen und nur in sich selbst konsistenten Glaubensgebäude hemmungslos in Anspruch. Trotz "Bezeugung mit leeren Hände" (Prof. Georg Plasger 2010) und "Auf dem Nichts stehen ..." (Martin Luther)

Oder noch radikaler
Karl Barth in seinem berühmten Paragraph 17 von KD I/2 (1937) der Religionskritik an der fast 2000-jährigen Fehlentwicklung des Christentums, die im Versagen gegenüber der Hitlerdiktatur unübersehbar wurde:
"Religion ist Unglaube"

Nun: Es gibt keinen Grund, warum das Recht des spirituellen Denkens nicht auch für Nicht-Schultheologen gelten soll. Sie brauchen nur Mut! Den Mut zur Frage, aber noch mehr den Mut zum Finden der Antwort!

Basierend auf H.-M. Barth's Definition: "Transzendenz" ist nicht, wie die Dinge sind, sondern was sie mir/uns bedeuten!

Aus gegebenem Anlass sei angemerkt: Theologie ist nicht, wie fälschlich anzunehmen, die Lehre über einen prinzipiell nicht erklärbaren Gott, sondern die Lehre über alles, was mit Kirchen(!) zu tun hat! Und müsste z.B. "Ekklesiologie" heißen!  Vom Jahrzehnte langjährigen Wiener Universitätsprofessor Lüthi wird "Ekklesiologie" verwendet, siehe Abhandlung Nr.22.

Weiters kennen die evangelischen Kirchen kein Lehramt, das befugt wäre, verbindliche Aussagen darüber zu treffen, was glaubwürdig ist und was nicht! Im Sinne des Verborgenen Gottes (Deus absconditus) sind wir Alle ausnahmslos gottsuchende und hoffende Agnostiker, aber noch lange keine Atheisten!
Wie die oftmalige gedankenlose Gleichsetzung von Agnostizismus und Atheismus durch manche Kleriker nahelegt. Diese fälschliche Gleichsetzung hochkompetent in der Kirchenpraxis widerlegt die Abhandlung Nr.4 !

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Fazit: Es gibt auch im professionellen Kirchenbereich Menschen, die den Mut haben, gefundene persönliche Wahrheiten zu vertreten! Auch wenn diese offiziellen Ritualen und Fundamentalismen entgegenstehen. Ein Sieg der - möglicherweise Gott-gegebenen - Vernunft mit dem Abschneiden noch immer vorhandener alter, ja sogar modriger Zöpfe, die ohnedies sehr zweifelhaft und überwiegend widersprüchlich geflochten waren.
Beispielhaft: Was hat den Juden die jahrtausendalte Ansicht, das "auserwählte" Volk zu sein - und die daraus resultierenden Lebens- und Verhaltensweisen - tatsächlich gebracht? Leid, Leid und wieder Leid...


Dazu passende Abhandlungen: Achtung:Nur Info, die links sind noch nicht korrigiert/migriert!

Die moderne jüdische Archäologie macht das Alte Testament zu einer Phantasieerzählung 24.8.2012
Prof. Israel Finkelstein

Die verborgene Selbstbefreiung der Kirchen von den Grausamkeiten der Schriften. 26.4.2010
Aufklärung ist die Flucht aus der fremd- und/oder selbstverschuldeten Unmündigkeit.
Geschenkte Intelligenz vs. veralteter Manipulationssucht und Machtwahn.


Focusartikel Bibelwissenschaft: Der Mensch Jesus 1.11.2013

Buchbesprechung: Uwe Lehnert 27.8.2011
»Warum ich nicht Christ sein will - Mein Weg vom christlichen Glauben zu einer naturalistisch-humanistischen Weltanschauung «
Ergänzung zu
27. Kann/darf/möchte ich mich, und Sie sich, überhaupt noch als Christ bezeichnen? 16.9.2009

Die Blutrünstigkeit der Bibel: Für mich eine Beleidigung eines gütigen Gottes! 18.4.2010
Das erst jetzt entdeckte Buch eines Wissenschaftlers bestätigt die Unglaubwürdigkeit. Und beendet als Höhepunkt folgerichtig jedwede weitere laienhafte Beschäftigung mit ekklesiologischen, also auf Menschenwerk beruhenden Kirchenstreitthemen.
C. F. v. Weizsäcker 1981: »Ist es mit dem modernen Bewusstsein vereinbar, Christ zu sein? (...) Wie so häufig im Leben wird das Problem verschärft, wenn man versucht, sein Bestehen zu leugnen«

Daraus:
Ausserdem wäre noch bedenkenswert, dass wir zwar annehmen, dass die gesamte Glaubensliteratur bis in die Neuzeit, die Bibel eingeschlossen, von Menschen aufgezeichnet wurde, denen eine ethisch hochwertige Lebensauffassung wichtig war. Von denen also angenommen wird, sie hätten bei ihren Aufzeichnungen nie gelogen, nie etwas Phantasiertes dazugefügt, nie in konkurrenzierender oder wichtigmacherischer Absicht "ausgeschmückt", nie bewusst getäuscht - quasi Luthers "Satan" oder den Schalk im Nacken -, also immer nur die (scheinbare) Wahrheit und nichts als die Wahrheit notiert oder mündlich weitergegeben:

Ja, wie wahrscheinlich und somit glaubhaft ist die angenommene Ehrenhaftigkeit - siehe zB. das Buch Amos 4 ff. -, einerseits im Grundwissen der Psychologie und Soziologie, aber andererseits als quasi selbstbelastender Gegenbeweis vieles von dem, was in der Glaubensliteratur aufgezeichnet ist? Wie kann ein derart inkonsistentes System überhaupt einen Wahrheitsanspruch begründen? Und wieso wird das diesem System zugebilligt? Herdentrieb der Schäfchen und Sehnsucht nach dem Hirtenhaken?



Die Christusopferung AD 33 (vor 1977 Jahren):  Im Ergebnis bis jetzt völlig sinnlos! 2.4.2010
Und für die Verbesserung der Lebensqualität sogar kontraproduktiv durch die Greuel des römischen Christentums


Glaubensfreiheit: Bischofsworte, Priesterworte, Denkerworte, 18.6.2008  Wo und wann in der langen Kirchengeschichte hat ein Gott uns unsere Eigenverantwortlichkeit genommen? Wo und wann in der Kirchengeschichte hat ein Gott jemandem Anderen ausdrücklich und unwiderruflich die Verantwortung für unsere eigene Glaubensempfindung übertragen?


Aber auch:

Gott geschieht: Dieser Satz entlarvt die Unnotwendigkeit jedes Fundamentalismus, 22.10. 2010
Dieser Satz ist bestätigender Weise seit 1/2012 auch im Diözese-Magazin "Evangelisches Wien" zu finden.

Ist spiritueller Glaube irrational? Ja, wie fast alles andere auch! 9.8.2008

Ein großer Irrtum: „Nach uns die Sintflut“ 25.11.2014

Denn wir sind schon mitten drinnen in der Sintflut!




Rudolf Fiala

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